Bitte Protestmail schreiben!

100 Bäume und 17 Vogelarten in Gefahr

In der Ratsversammlung am 7. Oktober 2020 wird über den Bebauungsplan für den Wilhelm-Leuschner-Platz entschieden, der derzeit die Rodung von über 100 Bäumen und vielen Sträuchern enthält. Das ist das Todesurteil für die 17 Vogelarten, die dort brüten, und nimmt der Stadt eine weitere Quelle für frische Luft und Abkühlung im Sommer.

Aus diesem Grund hat der NABU Leipzig eine E-Mail an die Stadträte und die Stadtverwaltung gesendet und bittet alle Naturfreunde, diese E-Mail ebenfalls an die Verantwortlichen der Stadt Leipzig zu schicken, um den Druck zu erhöhen. Man kann einen eigenen Text schreiben oder die Vorlage anpassen. Eine persönliche Note hat noch eine größere Wirkung!

 

Die E-Mail bitte an folgende Adresse schicken: stadtrat@artensterben-stoppen.org Sie wird dann automatisch an alle Stadträt*innen, an Oberbürgermeister Jung, an Umweltbürgermeister Rosenthal und an Baubürgermeister Dienberg weitergeleitet. Diese Aktion ist befristet bis 7.10.2020 und soll zeigen, dass engagierte Bürger mit der bisherigen Entwicklung nicht zufrieden sind.

 

Vielen Dank für die Unterstützung!


Text der Protest-Mail:

Sehr geehrte Stadträt*innen, sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Jung, Herr Umweltbürgermeister Rosenthal und Herr Baubürgermeister Dienberg,

ich mache mir große Sorgen um die Lebensqualität in Leipzig und nehme die Entscheidung zum Bebauungsplan für den Wilhelm-Leuschner-Platz am 7.10.2020 in der Ratsversammlung zum Anlass, mich an Sie zu wenden.

Die Rodung von Bäumen und die Versiegelung von Böden haben in den letzten Jahren zu einem riesigen Grünflächenverlust in Leipzig geführt. Allein im Zeitraum von 2016 bis 2019 wurden mehr als 100 Hektar Grünflächenverlust ehrenamtlich erfasst!

Ich bitte Sie daher, die derzeitige Bauplanung und die damit verbundene Vernichtung von Bäumen, Sträuchern und Wiesenfläche am Wilhelm-Leuschner-Platz zu überdenken.

Durch die Hitzeperioden in den letzten drei Jahren verschlechterte sich das Stadtklima zusehends. Bäume, Sträucher und Wiesen sorgen für Frischluft und Abkühlung in der Stadt. Das Gebot der Stunde ist daher noch vorhandene Grünflächen zu schützen. Denn jede Neupflanzung, wenn sie nicht wie aktuell in den ersten drei Jahren wegen Trockenheit abstirbt, braucht Jahrzehnte bis sie die Wirkung eines 30-60 Jahre alten Baumes erreicht!

Seit dem 30.10.2019 gilt in Leipzig zudem der Klimanotstand. Dafür wurde ein Sofortmaßnahmenprogramm durch die Ratsversammlung verabschiedet. Aber die Belange des Klimaschutzes finden bei Beschlüssen im Stadtparlament keine Beachtung.

Der Bebauungsplanung des Wilhelm-Leuschner-Platzes ist ein aktuelles und schmerzhaftes Beispiel dafür. Auch hier soll eine Brachfläche zugebaut werden, die über 100 Bäume enthält. Der Gehölzbestand soll vollständig gerodet und 1,77 ha neu versiegelt werden. Das widerspricht allen Klimaschutzzielen des Sofortprogramms der Stadt.

Darüber hinaus kommt die Bebauung einem Todesurteil für die 17 Vogelarten gleich, die dort ihre Brutreviere haben, darunter Amsel, Dorngrasmücke, Grünspecht und Nachtigall. Der Grünspecht ist gesetzlich streng geschützt!

Die Zerstörung eines regelmäßig besetzten Vogelreviers stellt einen artenschutzrechtlichen Verbotstatbestand gemäß Bundesnaturschutzgesetz dar, wenn ein Ausweichen auf benachbarte Flächen nicht möglich ist, was aktuell am Wilhelm-Leuschner-Platz der Fall ist.

Leider ist der Wilhelm-Leuschner-Platz nur ein Beispiel von vielen. Es entsteht der Eindruck, dass es eine grundsätzliche Haltung der Stadt ist, zwar von Nachhaltigkeit, Biologischer Vielfalt und Klimaschutz zu sprechen, aber nicht danach zu handeln.

Ich bitte Sie hiermit:

Lassen Sie der Entscheidung für den Klimanotstand und den Erhalt von Biodiversität Taten folgen!

Lehnen Sie den aktuellen Bebauungsplan für den Wilhelm-Leuschner-Platz ab!

Mit freundlichen Grüßen
Unterschrift


Bitte rechtzeitig vor der Stadtratssitzung am 07.10.2020 an stadtrat@artensterben-stoppen.org senden!
Es erfolgt die automatische Weiterleitung an alle Empfänger.


So reagieren Stadträte:

Bürgermeinung wird als Spam-Mail betrachtet

Nehmen sie mich bitte von der Mailingliste 

 

Danke.


Ich fordere, dass meine E- Mail Adresse beim Nabu gelöscht wird und ich nicht mehr mit Unmengen von Mails von ihnen belästigt werde.

Mit freundlichen Grüßen


Sehr geehrte Damen und Herren,

Ich wende mich hiermit an die Betreiber dieser E-Mail-Adresse. Glauben Sie im ernst, dass sie durch das zu spammen von uns Stadträten ihr Ziel erreichen? Das ganze Gegenteil ist der Fall.
Auch ihre Sachargumente sind falsch. Die Fläche ist jetzt schon versiegelt. Der Wildwuchs von Büschen und Bäumen wird durch kultiviertes bepflanzen der Flächen ersetzt.
Durch ihre Spam Aktion werde ich der Bebauung des Leuschner Platzes zustimmen.
Freundliche Grüße

Sehr geehrte Damen und Herren,

zu Ihren Massen-E-Mails den Wilhelm-Leuschner-Platz betreffend habe ich folgendes mitzuteilen:

  1. Der Vorlage sind Beratungen, Wettbewerbe und öffentliche Beteiligungen voraus gegangen. An diesem Verfahren hätten Sie sich intensiv beteiligen können.
  2. Stattdessen machen Sie sich zum Teil einer offensichtlichen Massen-E-Mail-Kampagne und machen sich nicht einmal die Mühe, eigene Texte zu formulieren.  
  3. Und ich frage mich und Sie, ob Sie sich einmal den Platz angeschaut oder überhaupt mit den Plänen beschäftigt haben, bevor Sie Formulierungen anderer unverändert übernehmen?
  4. Während der gesetzlich vorgeschriebenen Auslegung hätten Sie Ihre Bedenken und Widersprüche übergeben können.
  5. Jederzeit hätten Sie sich damit auch an Stadträte wenden und Ihre Bedenken vortragen können. Vielleicht hätten Sie mich auch an dieser oder jener Stelle überzeugt oder ich hätte Ihnen die Bedenken nehmen können.
  6. Stattdessen liegt mir nur eine Flut von E-Mails vor, bei denen sich die meisten jeweils nur durch die Vor- und Zunamen unterscheiden. Es sind weder Adressen noch Telefonnummern angegeben; ich weiß daher gar nicht, ob es sich bei den Absendern um reale Personen handelt, ob diese in Leipzig oder Umgebung wohnen.  Erwarten Sie bei so viel Feigheit tatsächlich, dass ich das ernst nehmen kann?
  7. Haben Sie sich diese Brachfläche mal angesehen, wenn Sie alle so genau wissen wollen, was gut für Leipzig und diesen Platz ist? Kennen Sie unsere Stadt überhaupt?
  8. Im Übrigen halte ich es für einen denkbar schlechten Stil, Räte, die ehrenamtlich tätig sind und eine Menge Freizeit in dieses Amt stecken in dieser Art und Weise zuzuschütten. Wenn das jemand mit Ihnen treiben würde, hätte ich gerne Ihre Reaktion gesehen.

Liebe Verantwortliche des Nabu Leipzig,

 

ich schätze Ihre Arbeit und Ihr Engagement sehr, gerade aus dem Blickwinkel des Vorsitzenden des Tierschutz Beirates.

Aber diese Mail Flut Aktion hätte man auch etwas selbstkritisch betrachten können.

Bei mir fehlen noch ein paar dann sind es 200 Mails, die mal im Zweifel öffnet, liest oder feststellt bekannter Text und die ohne Ansprechpartner und mit kaum nachzuvollziehenden Namen und Mailadressen geschrieben sind.

Es kostet mich im Ehrenamt unglaublich Zeit und ggf geht in dieser Flut der eine oder andere Hilferuf eines Bürgers verloren.

Es kritisiert doch keiner das Sie sich für Ihre Interessen und die der Tiere einsetzen, allein das gewählte Mittel scheint einigen meiner Kollegen und mir wenig geeignet wirklich zielführend Themen zu debattieren.

Lassen Sie uns sachlich das Thema angehen, dann sehe ich für die Tiere größere Chancen als wenn Stadträte "belästigt" werden und sorry 200 gleichlautende Mails sind nichts anderes.

 

MfG
Andreas Geisler 
Stadtrat SPD Fraktion


Erwiderung des NABU Leipzig

Wir sind von mehreren Unterstützern der Protest-E-Mail-Aktion gebeten worden, hinsichtlich einiger Vorwürfe verschiedener Stadträt*innen, auf diese konkret einzugehen. mehr


WEITERE REAKTIONEN


Antwort von Dr. Sabine Heymann,
Stellvertretende Vorsitzende der CDU-Fraktion

 

»Mit der Gestaltung des zur Zeit nicht beplanten Teilbereiches des Wilhelm-Leuschner-Platzes sind noch diverse Möglichkeiten gegeben, die Ansprüche an Naturschutz und Bewegungsspielraum in einer Innenstadt miteinander zu verbinden.« mehr


Stellungnahme von Jürgen Kasek,
Umweltpolitischer Sprecher der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen

 

»In Zeiten der voranschreitenden klimatischen Erwärmung ist es notwendig und sollte es einleuchten, dass wir mehr Schatten und mehr Bäume insgesamt benötigen. Dabei sind die Voraussetzungen für Bäume schwieriger geworden, denn der geringe Niederschlag, in den letzten Jahren, hat insbesondere bei Altbäumen zu einem immensen Verlust geführt. Genau aus diesen Grund sollte bei jedem gesunden Altbaum genau hingesehen und Fällungen eingeschränkt werden. Mit der Massenmail hat der NABU-Regionalverband Leipzig genau dieses Problem angesprochen.« mehr


Antwort der Fraktion DIE LINKE

 

»Damit die Allerweltsarten von heute nicht die Rote-Liste-Arten von Morgen werden« mehr


Stellungnahme der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen

 

»Beim Wilhelm-Leuschner Platz geht es für uns darum, zum einen die bestehende Brachfläche im Sinne der doppelten Innenentwicklung zu entwickeln und dabei möglichst viel grün zu erhalten.« mehr


Stellungnahme der SPD-Fraktion

 

»Auf dem Areal sollen sich, nach unserer Auffassung, für die Stadt wichtige Forschungseinrichtungen und städtische Einrichtungen, wie das Naturkundemuseum, ansiedeln sowie ein zweites Stadthaus und Platz für Wohnen und Handel entstehen.« mehr


WEITERE INFORMATIONEN


Bauen und Natur erhalten!

 

Leipziger Naturschutzverbände hatten im März 2019 unter dem Titel „Bauen und Natur erhalten!“ eine Petition gestartet, die auf der Plattform openPetition online gestellt wurde. Da die Petition das notwendige Quorum erreicht hat, wurde sie am 14. Januar 2020 beim Stadtrat eingereicht. mehr

 



Platz der Biologischen Vielfalt

 

Der Wilhelm-Leuschner-Platz ist der „Platz der Biologischen Vielfalt“. In ehrenamtlicher Freizeitarbeit hat der NABU Leipzig den Platz und seine Wildnis intensiv unter die Lupe genommen. Dabei wurde festgestellt, dass die Artenvielfalt bei den Brutvögeln auf diesem Areal in der Innenstadt größer ist als auf vergleichbaren Flächen. Auf einer Untersuchungsfläche von 3 Hektar fand der NABU 17 Brutvogelarten. mehr 



Leipzig schrumpft

 

Während Leipzig für die Menschen wächst, schrumpft die Stadt für die Tier- und Pflanzenwelt. Lebensräume gehen tagtäglich verloren, oftmals ohne jeden Ausgleich, obwohl er gesetzlich vorgeschrieben ist. Damit verliert Leipzig auch mehr und mehr Lebensqualität. Außerdem haben die Ökosysteme wichtige Funktionen, zum Beispiel für das Stadtklima. mehr