Mit Regenwetter und Gegenwind

NABU Leipzig freut sich über lehrreiche Naturschutzwoche rund um die Auwaldökologie

Der Auwald ist Leipzigs bedeutendstes Naturerbe, aber auch ein beliebtes Ausflugsziel und Wirtschaftswald. Es gibt einerseits Projekte, die der Auwaldnatur zugutekommen sollen, es gibt aber auch zahlreiche Gefahren für dieses artenreiche Ökosystem. Und obwohl jeder Leipziger seinen Auwald kennt, gibt es doch auch immer wieder Neues zu entdecken; Landschaft, Tier- und Pflanzenwelt des Auwalds haben viel Spannendes zu bieten. Das waren alles gute Gründe, den Auwald in diesem Jahr in den Mittelpunkt der traditionsreichen Naturschutzwoche zu stellen, die nun vom 31. Mai bis zum 7. Juni unter dem Motto „Der Auwald – Leipzigs Naturerbe“ stattfand. Bei zahlreichen Veranstaltungen haben Fachleute über die Auwaldnatur informiert, es gab Führungen und Vorträge. Die wissbegierigen Teilnehmer hatten oftmals schon einige Vorkenntnisse, und so entwickelten sich auch interessante Diskussionen. Mehr Wissen über die Auwaldökologie bedeutet, dass man dieses Naturerbe besser schützen kann. Die Naturschutzwoche war somit auch in diesem Jahr wieder eine ideale Plattform für Informationen und Meinungsaustausch über Leipzigs Stadtnatur.


Damit wurde eine lange Tradition fortgeführt: Die erste Naturschutzwoche gab es in Leipzig 1956 und seither jedes Jahr. Inzwischen wird diese Veranstaltung alljährlich vom NABU-Regionalverband Leipzig im Auftrag und mit finanzieller Unterstützung der Stadt organisiert.

 

Spannender Meinungsaustausch

Eröffnet wurde die Naturschutzwoche 2012 in der Alten Wache am Naturschutzgebiet „Burgaue“, einer Forschungsstation der Universität Leipzig. Bereits dabei wurden einige unterschiedliche Ansichten über den Auwaldschutz angesprochen und debattiert. So hatte der NABU ebenso wie andere Naturschützer zuletzt heftig dagegen protestiert, dass auf Leipzigs Deichen radikal Bäume gefällt wurden. Zur Eröffnung der Naturschutzwoche hat Bürgermeister Heiko Rosenthal, der Beigeordnete für Umwelt, Ordnung und Sport, diese Baumfällungen verteidigt. Es gehe um den Schutz von Leib und Leben vor den Folgen eines Hochwassers, erklärte er. Einige im Publikum machten deutlich, dass sie das anders sehen. „Eingriffe in die Natur müssen aber auch ausgeglichen werden“, betonte der Umweltbürgermeister und lud die Leipziger Naturschützer zum Dialog ein. „Ihre Stimme und auch kritische Hinweise sind wichtig und werden gehört“, sagte Rosenthal an die Adresse der Naturschützer. Auch wenn das nicht immer sichtbar sei, in der Verwaltung werde oft ausgiebig über die Belange des Naturschutzes diskutiert.

Aktuelle Auenforschung und regennasse Pilze

Nach den Grußworten des Umweltbürgermeisters lieferte Mathias Scholz vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) in seinem Fachvortrag viele neue Informationen über die Auenökologie. Leipzigs Auwald wurde mit anderen Flussauen verglichen, sodass deutlich wurde, welche besondere Bedeutung er deutschland- und europaweit er besitzt, aber in welch bedenklichem Zustand er sich teilweise befindet. Die Hauptforderung des Experten: Der Auwald braucht mehr Wasser, mehr Dynamik. Es wurde aber auch klar, dass dies nicht in jedem Fall das Allheilmittel ist und auf einigen Flächen andere Schutzstrategien den Zustand der Auwaldnatur verbessern können. Mathias Scholz informierte auch über aktuelle Forschungen zur Bedeutung der Auwälder für den Klimaschutz – als Kohlenstoffspeicher. Dabei habe sich herausgestellt, dass der Auwald, insbesondere sein Boden, wesentlich mehr zur CO2-Senkung beitragen kann als viele andere Waldtypen – ein weiteres, wichtiges Argument für den Schutz des Auwaldökosystems.


Der Eröffnungstag endete mit einem Ausflug in die Burgaue. Dr. Peter Otto von der Universität Leipzig erläuterte bei der Exkursion die Natur am Wegesrand, stellte vor allem die Pflanzenwelt, Pilze und Flechten vor. Das waren für die Exkursionsteilnehmer, darunter Naturschutz- und Forstexperten, viele neue und interessante Informationen, sodass das regnerische Wetter die gute Stimmung nicht trüben konnte.


An den anderen Tagen der Naturschutzwoche gab es zwar auch viele sonnige Momente, doch immer wieder Regen und kühle Temperaturen. Die Zahl der Teilnehmer wäre bei anderem Wetter vielleicht noch größer gewesen, doch auch so kamen zu den Veranstaltungen zahlreiche Leipziger Naturfreunde. Einige haben sogar mehrere Veranstaltungen besucht und konnten so besonders gut vom breiten Spektrum der Informationen unterschiedlicher Experten profitieren.

 

Alles über Schmetterlinge, Fließgewässer und Auwaldkräuter

So ging es beispielsweise am Sonntag auf den Spuren des Eschenscheckenfalters mit Ronald Schiller vom Naturkundemuseum durch die nordwestliche Aue, am Nachmittag mit Franka Seidel von der Auwaldstation durch die Burgaue. Dabei wurden verschiedene Gewässer – wie Hundewasser, Weiße Elster, Luppe, Burgauenbach und Bauerngraben – vorgestellt. Es gab interessante Informationen über den Zustand dieser ökologisch höchst unterschiedlichen Gewässer und über ihre Geschichte.

 

Hendrik Teubert vom Hellriegel-Institut der Hochschule Anhalt informierte am Montag bei einer Exkursion über Vergangenheit und Zukunft der Waldentwicklung in Leipzig. Am Abend gab es, wie jeden ersten Montag im Monat, den NABU-Vortrag im Leipziger Naturkundemuseum in der Reihe „Der Natur zuliebe“. Auch diese Veranstaltung war diesmal eingebunden in die Naturschutzwoche: „Urwald, Mittelwald, Hochwald – die Waldentwicklung in Leipzig“ hatte Karl Heyde vom Naturkundemuseum seinen Vortrag überschrieben. Am Dienstagnachmittag führte Dr. Peter Gutte eine botanische Wanderung durch den südlichen Auwald, am Mittwoch informierte Dr. Karl Steib vom Amt für Umweltschutz über das Paußnitzprojekt. Dabei wird seit mehreren Jahren regelmäßig ein Teil des südlichen Auwalds geflutet, so wie viele Ökologen das für Teile der Auwaldlandschaft immer wieder fordern. Das Paußnitzprojekt demonstriert, welche Folgen eine solche regelmäßige Überflutung für Flora und Fauna haben könnte.

 

NABU-Bootstour fällt ins Wasser

Aber nicht nur Exkursionen zu Fuß wurden angeboten. Zum Programm der Naturschutzwoche 2012 gehörte auch eine Fahrradtour entlang der Luppe-Altläufe, und zum Ende der Naturschutzwoche war eine geführte Kanuexkursion geplant. Bei dieser Bootstour sollte den Teilnehmern die Bedeutung der Fließgewässer für die Auwaldökologie einmal aus einer anderen Perspektive erläutert werden: vom Wasser aus. Auch der Bootstourismus sollte dabei angesprochen werden, der zu einer wachsenden Belastung für die Auwaldnatur geworden ist. Der NABU fordert seit langem, die Zahl von Booten auf besonders sensiblen Gewässerabschnitten und zu bestimmten Jahreszeiten zu begrenzen. Vor allem aber hat sich der NABU zusammen mit anderen Natur- und Umweltschutzverbänden gegen Motorbootverkehr ausgesprochen.


Wassersportbegeisterten Naturfreunden kann man diese Probleme und auch die Besonderheiten der Auwaldnatur nach Ansicht des NABU am besten bei fachkundig geführten Paddelboottouren mit begrenzter Teilnehmerzahl nahebringen. Die Veranstaltung zum Abschluss der Naturschutzwoche wurde jedoch vom Amt für Umweltschutz nicht genehmigt. Die vom NABU geplante Bootsexkursion hätte nach Ansicht der Behörde eine zu große Störung im Landschaftsschutzgebiet verursacht. Der NABU ist anderer Auffassung. Besonders verwunderlich ist, dass ausgerechnet die Veranstaltung der Naturschützer, die auf die Probleme intensiven Bootsverkehrs hinweisen wollen, nicht genehmigt wurde, wo doch tagtäglich unzählige andere Bootstouren stattfinden und von der Naturschutzbehörde nicht infrage gestellt werden. Verwunderlich ist die Entscheidung der Behörde auch, weil die Naturschutzwoche vom NABU im Auftrag der Stadt veranstaltet wird, die von Anfang an über die geplante Bootstour informiert war und lange Zeit keine Einwände geäußert hatte. Der NABU unterstützt jedoch ausdrücklich die Absicht des Amtes für Umweltschutz, das Landschaftsschutzgebiet und insbesondere den sensiblen Floßgraben so weit wie möglich vor Störungen zu schützen. Konsequent sollten dann aber generell die Zahl von Bootspassagen begrenzt und bestimmte Fahrwege gesperrt werden. Einen versöhnlichen Abschluss fand die Naturschutzwoche dennoch: Die Naturfreunde, die sich zu der Bootsexkursion des NABU angemeldet hatten, konnten an einer Tour der Firma freizeit-abenteuer.com teilnehmen, die große Erfahrungen mit naturkundlich geführten Paddelbootexkursionen im Auwald hat und über eine wasserrechtliche Genehmigung verfügt. Karl Heyde vom Naturkundemuseum erläuterte bei der Bootsfahrt die Auwaldökologie vom Wasser aus.
Der NABU-Regionalverband Leipzig freut sich über die erfolgreiche Naturschutzwoche, die viel Lehrreiches zu bieten hatte, und bedankt sich bei allen Teilnehmern und Unterstützern.