Naturjuwel auf dem Acker

NABU Leipzig bemüht sich um Schutz der „Gärnitzer Lache“

Kiebitz. Symbolfoto: NABU/Dominic Cimiotti
Kiebitz. Symbolfoto: NABU/Dominic Cimiotti

Der Kiebitz war einst auf unseren Wiesen und Feldern weit verbreitet. Doch er hat seinen Lebensraum mehr und mehr verloren. Entwässerung, Aufforstung, intensive Grünlandnutzung, Trockenlegung von Mooren, industrielle Landwirtschaft, Insektensterben und Klimawandel, aber auch intensive Freizeitnutzung von einstigen Brutarealen haben dazu geführt, dass er immer seltener zu beobachten ist und noch seltener erfolgreich brüten kann. In Sachsen steht der Kiebitz deshalb auf der Roten Liste und ist vom Aussterben bedroht, im Freistaat gibt es nur noch rund 100 Brutpaare. Umso mehr freuen sich Naturschützer über jeden Nistplatz, der noch erhalten werden kann, und dafür ist auch die Zusammenarbeit mit Landwirten erforderlich, um sie zu schützen.

Große Freude herrscht daher beim NABU Leipzig, dass der Kiebitz sogar unmittelbar am Rande der Großstadt noch einen Nistplatz hat. Die Naturschützer bemühen sich seit einigen Monaten intensiv um den Schutz dieses Areals. Es handelt sich um die sogenannte „Gärnitzer Lache“. Dieses Gewässer liegt südlich von Markranstädt und ist eine in Folge des Braunkohletagebaus entstandene Vernässungsfläche. Leider gibt es Pläne zur Entwässerung, weshalb der NABU das Gebiet intensiv untersucht hat und sich nun für den Erhalt dieses Naturjuwels einsetzt.

 

Pressemitteilung
 

Der NABU Leipzig hat den Standort des Kiebitznestes markiert, damit der Landwirt das Areal verschonen kann. Fotos: NABU Leipzig

Im Winter hat der NABU vorhandene ornithologische Daten ausgewertet und ehrenamtliche NABU-Mitarbeiter informierten sich bei anderen ortskundigen Naturinteressierten. Im Ergebnis deutete sich an, dass die Gärnitzer Lache ein Hotspot der Vogelwelt ist. So wurden innerhalb von nur zwei Jahren 100 Vogelarten festgestellt. Die Mehrzahl der beobachteten Arten sind Zugvögel, die das Gebiet für kurze oder längere Zeit als Rastplatz nutzen. Manche Arten sind hier aber auch in der warmen Jahreszeit. Weißstorch, Rotmilan, Schwarzmilan, Seeadler, Fischadler, Wanderfalke und sogar die Sumpfohreule nutzen die Nassflächen für die Nahrungssuche.

 

Kiebitznest an der Gärnitzer Lache. Foto: NABU Leipzig
Kiebitznest an der Gärnitzer Lache. Foto: NABU Leipzig

Auf dem rund 15 Hektar großen Gelände brütet der Kiebitz seit mehreren Jahren, 2020 konnte erneut eine Brut bestätigt werden. Bereits im Winter hatte der NABU Leipzig die Naturschutzbehörde des Landkreises informiert und die nötigen Schutzmaßnahmen schon vor Beginn der Brutzeit abgestimmt. Für den Fall des Brutnachweises wurde ein Fahrplan aufgestellt, der nun wirksam werden kann. Die Naturschutzbehörde hat den Landwirt informiert, NABU-Ehrenamtler schlugen Markierungen in den Boden, sodass der Landwirt weiß, welche Bereiche bis zum Sommer nicht beackert werden sollen. Der NABU Leipzig sieht darin einen wichtigen Beitrag zum Schutz des Kiebitzes. Der Brutplatz bei Markranstädt gehört zu den letzten in Nordwestsachsen.

Aber damit ist es noch nicht getan, denn in dem Gebiet sind noch andere schützenswerte Tierarten vorhanden, darunter der Kammmolch. Er konnte mit großem Aufwand vom NABU Leipzig in der Gärnitzer Lache nachgewiesen werden. Eigentlich hat er in den rund 400 Meter entfernten Kulkwitzer Lachen seinen Lebensraum, ebenso wie Rotbauchunken. Auch diese Art ist Hinweisen zufolge inzwischen in der Gärnitzer Lache zuhause. Das Gewässer dient diesen beiden Amphibien damit als Zufluchtsort, denn die Kulkwitzer Lachen sind in den vergangenen Jahren ausgetrocknet, obwohl sie ein „FFH“-Gebiet sind (Fauna-Flora-Habitat-Richtline der EU), das nach EU-Recht vor allem für diese beiden Arten, Kammmolch und Rotbauchunke, geschützt ist.

Damit ist die Gärnitzer Lache nicht nur für den Fortbestand des Kiebitzes bedeutend, sondern auch für streng geschützte Amphibien. Von hier aus könnte der Kammmolch über Gräben und Senken, die noch konstant Wasser führen, die Kulkwitzer Lachen wieder besiedeln, sobald diese irgendwann wieder einen ausreichenden Wasserstand haben. Nach Ansicht des NABU Leipzig müsste die Gärnitzer Lache deshalb auch schnellstmöglich dem Schutzgebiet Kulkwitzer Lachen zugeordnet werden.

 

Kammmolch. Symbolfoto: Hans Prün/naturgucker.de
Kammmolch. Symbolfoto: Hans Prün/naturgucker.de
Rotbauchunke. Symbolfoto: Almut Martens/naturgucker.de
Rotbauchunke. Symbolfoto: Almut Martens/naturgucker.de

Es gibt jedoch besorgniserregende Berichte über geplante Entwässerungsmaßnahmen und Neubau von Pumpanlagen. Zudem gab es vor kurzem Rodungsarbeiten und eine Planierung südlich der Gärnitzer Lache. Das ist mit dem Naturschutzrecht nicht vereinbar. Das Naturjuwel bietet vom Aussterben bedrohten Arten Nahrung und Lebensraum und muss daher in erster Linie für den Naturschutz erhalten bleiben. Auch angesichts des Klimawandels vertrocknen immer mehr Feuchtgebiete und Laichgewässer. Es muss deshalb alles getan werden, um die Vernässungsfläche Gärnitzer Lache vor dem Austrocknen zu bewahren. 


Arbeitseinsatz im Winter

Gehölzbeseitigung für Kiebitz und Kammmolch

Auf dem Weg zum Arbeitseinsatz. Foto: NABU Leipzig
Auf dem Weg zum Arbeitseinsatz. Foto: NABU Leipzig

Die Gärnitzer Lache ist ein Naturjuwel auf dem Acker. Hier hat der Kiebitz noch eine seiner letzten Brutmöglichkeiten und streng geschütze Amphibien sind hier zuhause. Deshalb engagiert sich der NABU Leipzig für den Erhalt dieser wertvollen Lebensräume. Am 4. Dezember 2022 fand an der Gärnitzer Lache ein Arbeitseinsatz statt. Ziel war das Zurückschneiden und teilweise Entfernen von Weiden und anderen Gehölzen innerhalb der Lache und am Graben. Einige Wochen zuvor wurde bereits der überwiegende Teil der Lache von dem Landwirt gemulcht, um die einsetzende Verbuschung zu unterdrücken.

 

Die Maßnahmen dienen unter anderem dem Schutz des Kiebitz'. Er benötigt im weiten Umfeld der Nestanlage beste Rundumsicht, weshalb gelegentliche Gehölzrückschnitte notwendig sind. Im Jahr 2022 brütete je ein Pärchen neben der Lache auf einem Maisacker und inmitten der Lache auf einer Insel.

 

Der mehrere hundert Meter lange Graben ist Laichgebiet des Kammmolches. Auch diese Amphibienart verträgt eine Verbuschung ihres Lebensraumes nicht, weshalb Weiden innerhalb des Grabens entfernt wurden.

 

An der Aktion beteiligten sich trotz Schnee und Kälte 10 Personen. Das Schnittgut wurde in die Biogasanlage Quesitz gebracht. Der NABU Leipzig bedankt sich bei allen fleißigen Helfern!

Fotos: NABU Leipzig

WEITERE INFORMATIONEN


Foto: Beatrice Jeschke
Foto: Beatrice Jeschke

Hilfe für die letzten Kiebitze der Region

 

Der Kiebitz war einst weit verbreitet, doch er hat seinen Lebensraum mehr und mehr verloren durch Entwässerung, Aufforstung, Trockenlegung von Mooren, intensive Grünlandnutzung, industrielle Landwirtschaft, Insektensterben und Klimawandel, aber auch durch intensive Freizeitnutzung von einstigen Brutgebieten. Der NABU Leipzig setzt sich für den Schutz der letzten Nistplätze in der Region ein und arbeitet für die Schaffung neuer Brutmöglichkeiten. mehr