Betonstadt statt Stadtnatur

Entwurf zum Bebauungsplan für Wilhelm-Leuschner-Platz ignoriert noch immer Biotop- und Klimaschutz

Im Januar sollten auf dem Wilhelm-Leuschner-Platz Hecken gerodet und Bäume gefällt werden. Nachdem der NABU die Aktion stoppen konnte, soll nun ein überarbeiteter Entwurf des Bebauungsplans am 24. März 2021 im Stadtrat beschlossen werden. Leider werden Arten-, Biotop- und Klimaschutz noch immer nicht berücksichtigt. Der NABU hat deshalb rechtzeitig vor den Beratungen im Stadtrat erneut eine Stellungnahme verfasst und an die Ratsfraktionen geschickt.

 

Pressemitteilung     Stellungnahme

 

Auf dem Wilhelm-Leuschner-Platz leben gesetzlich besonders oder sogar streng geschützte Vogelarten. Die Stadtverwaltung verweist nach wie vor darauf, dass im Falle der Bebauung des Platzes Ausweichlebensräume für die betroffenen Arten existieren, obwohl der NABU Leipzig frühzeitig dargelegt hat, dass dies nicht der Fall ist. Potenzielle Reviere sind bereits besetzt und übernutzte Grünflächen kommen als Ausweichlebensräume nicht in Frage. Streng geschützte Arten wie, Grünspecht und Turmfalke, werden von der Stadtverwaltung nicht berücksichtigt, obwohl der NABU Leipzig in ehrenamtlicher Arbeit nachgewiesen hat, dass der Wilhelm-Leuschner-Platz für diese Vogelarten ein essenzielles Nahrungshabitat darstellt. Erst vor wenigen Tagen urteilte der Europäische Gerichtshof, dass der im EU-Recht verankerte Schutz aller europäischen Vogelarten für jede dieser Vogelarten gleichermaßen gilt, unabhängig vom tatsächlichen Erhaltungszustand ihrer örtlichen Population. Gesetzlich vorgeschriebene vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen, der Schutz der Lebensstätten und das gesetzliche Tötungsverbot müssen beachtet werden!


Positionspapier 2016 | Positionspapier 2019 | Stellungnahme 2020 | Offener Brief 2021

 

Die geplante dichte Bebauung des Platzes ist auch nicht klimagerecht. Sie wird einen Hitzeinsel-Effekt verursachen, Luft kann kaum zirkulieren, Glas, Beton- und Asphaltflächen speichern die Wärme. Zeitgemäß wäre, ein autofreies Quartier zu planen und mehr Platz für Grün zu belassen. Eine Anbindung an den ÖPNV wäre an drei Seiten bereits gegeben. Begrünte Fassaden und Dächer haben positive Effekte auf Gesundheit und Klima, aber es sollte auch sichergestellt werden, dass das Grün gleichzeitig einen ökologischen Nutzen für Tiere hat, zudem können solche Ansätze die Rolle alter Bäume und umfangreicher Hecken nicht ersetzen, weshalb diese soweit wie möglich erhalten werden müssen.

 

Begründung für die Rodungen auf dem Wilhelm-Leuschner-Platz waren Baugrunduntersuchungen. Diese fanden inzwischen statt, obwohl der NABU Sachsen die Rodungen mit juristischen Mitteln gestoppt hat. Das zeigt, dass die geplanten Baumfällungen für diese Arbeiten gar nicht nötig waren und dass die Fällgenehmigung leichtfertig und ungerechtfertigt erteilt wurde. Zudem widersprechen die Rodungen auch dem gesetzlichen Artenschutz, denn es wurden Lebensstätten ohne vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen und ohne artenschutzfachliche Fällbegleitung zerstört.

 

Für ein gesundes Arbeits- und Wohnumfeld sind grüne Aufenthaltsräume notwendig, das fordern die Menschen mehr und mehr ein. Mit Briefen, Mahnwachen und Plakaten protestieren sie gegen die unveränderten Baupläne auf dem Wilhelm-Leuschner-Platz, aber auch gegen andere Rodungen und Baumaßnahmen. Darunter sind Menschen jeden Alters, auch Kinder schicken verzweifelte Post an NABU und Rathaus. Es gibt einen gesellschaftlichen Wunsch nach umweltverträglicher und klimagerechter Stadtentwicklung, es gibt den Wunsch, vorhandene Natur zu erhalten und sie wertzuschätzen. Warum werden diese Wünsche der Menschen nicht gehört?