Auch in diesem Jahr hatte der NABU wieder zur Stunde der Gartenvögel eingeladen. Die Vogelzählung zum Mitmachen fand 2018 vom 10. bis 13. Mai statt, Ergebnisse melden konnte man noch bis zum 21. Mai. Zu diesem Zeitpunkt hatten sich deutschlandweit mehr als 53.000 Vogelfreunde an der Aktion beteiligt und mehr als eine Million Vögel gemeldet. Am häufigsten wurde dabei erneut der Haussperling beobachtet. Allerdings gibt es auch bei dieser Art Verluste, insbesondere in größeren Städten. Das gilt auch für andere Gebäudebrüter, wie Hausrotschwanz, Mauersegler und Schwalben. Ihnen machen die Beseitigung der Nistplätze durch Bauarbeiten und Nahrungsmangel durch das Insektensterben zu schaffen – Probleme, die sich auch in Leipzig auswirken. Immer mehr Vogelnistplätze und Lebensräume gehen hier durch rücksichtslose Stadtentwicklung verloren.
Hinter dem Haussperling folgen Amsel, Kohlmeise, Star, Feldsperling und Blaumeise in der diesjährigen Gartenvogel-Statistik. Bei allen diesen Arten gibt es mehr oder weniger große Verluste; unter den 15 häufigsten Vogelarten haben sieben den geringsten Bestand, der jemals bei der Stunde der Gartenvögel festgestellt wurde; bei vier weiteren Arten ist es das zweitschlechteste Ergebnis. Positiv haben sich Stieglitz und Kernbeißer entwickelt, bei nahezu allen Arten, die ihre Jungen mit Insekten füttern, gibt es hingegen eine Negativentwicklung, ausgelöst durch den Mangel an Futterinsekten.
In Leipzig und Umgebung wurden rund 9.400 Vögel gemeldet. Die häufigste Vogelart ist auch hier der Haussperling. Auf Platz drei reiht sich die Amsel ein, die deutschlandweit Platz 2 belegt. Platz 4 ist der Vogel des Jahres, der Star. Deutschlandweit verzeichnet er ein Minus von 11 Prozent, in Leipzig von 4 Prozent, im Umland aber von 32 Prozent! Das ist ein deutlicher Hinweis auf die zunehmende Verschlechterung der ländlichen Vogellebensräume. Sachsenweit hat der Star ein Minus von 8 Prozent.
Den fünften Platz belegt in der Region Leipzig die Kohlmeise, in Leipzig mit einem leichten Minus, im Umland aber mit einem Minus von 32 Prozent. Einen Negativtrend gibt es auch bei der Blaumeise, die Platz 6 belegt, in Leipzig mit einem Minus von 20 Prozent, im Umland von 38 Prozent. Noch dramatischer ist die Entwicklung beim Feldsperling, der in der Region Leipzig Platz 7 erreicht, im Stadtgebiet mit einem Bestandsminus von 33 Prozent, im Umland sogar von 50 Prozent, deutschlandweit hingegen ist der Bestand im Durchschnitt unverändert.
Die Ringeltaube liegt in Leipzig und Umgebung auf Platz 8. Ein Maximum hatte ihr Bestand 2015, seitdem gibt es im Stadtgebiet von Leipzig eine ständige Abnahme, in diesem Jahr um 6 Prozent. Im Umland hingegen ist nach einem Minimum 2016 eine weitere Zunahme zu verzeichnen.
Die Mehlschwalbe hat deutschlandweit ein Minus von 9 Prozent, im Kreis Leipziger Land von 18 Prozent, im Kreis Nordsachsen von 9 Prozent. Im Stadtgebiet von Leipzig gab es hingegen ein Plus von 17 Prozent. Der NABU Leipzig wird seine Bemühungen um den intensiven Schutz der Schwalben fortsetzen, um einen Negativtrend zu verhindern.
Beim Mauersegler ist deutschlandweit ein Minus von 17 Prozent zu verzeichnen, auch sachsenweit sind es 17 Prozent. Im Stadtgebiet von Leipzig hingegen wird eine Abnahme um 32 Prozent gemeldet. Die rücksichtslosen Gebäudesanierungen und Verluste von Nistplätzen tragen dazu maßgeblich bei. Es ist dringend notwendig, dass sich die Baufirmen bei Sanierungsarbeiten an die gesetzlichen Vorschriften zum Niststätten- und Artenschutz halten! Leider werden sie oftmals missachtet.
Trotzdem ist in Leipzig der Mauersegler nach dem Haussperling, der mit ähnlichen Problemen zu kämpfen hat, auf Platz 2 gelandet, wohingegen er deutschlandweit nur Platz 10 belegt. Das zeigt auch die besondere Verantwortung, die Leipzig als Stadt der Mauersegler hat.
Einen Anstieg der Bestände gibt es in Leipzig beispielsweise bei Eichelhäher, Mönchsgrasmücke und Girlitz; negativ haben sich Grünfink, Hausrotschwanz und Gartenrotschwanz entwickelt. Im Umland von Leipzig gibt es bei den 20 häufigsten Vogelarten fast nur Verluste. Eine der wenigen Ausnahmen ist der Stieglitz auf Platz 18 mit einem Plus von 12 Prozent. Negativ haben sich hingegen Arten wie Elster, Grünfink, Buchfink, Hausrotschwanz, Rotkehlchen, Gartenrotschwanz und Bachstelze entwickelt.
Dass durch die Vernichtung von Sträuchern und wilden Ecken der Nachtigall in Leipzig und Umgebung zunehmend die Lebensgrundlage entzogen wird, belegen die Zahlen leider ebenfalls. Im Stadtgebiet weist die Nachtigall ein Minus von 27 Prozent auf, im Umland von 47 Prozent, deutschlandweit ist der Bestand hingegen nur leicht im Minus.
Häufiger haben sich Vogelfreunde beim NABU Leipzig mit dem Hinweis gemeldet „Ich habe bei der Stunde der Gartenvögel mitgemacht, aber ich konnte kaum Vögel beobachten.“ Leider zeigt sich daran, wie dramatisch schlecht die Lage der Vogelwelt derzeit ist.
NABU-Exkursion in der Kleingartenanlage "Dr. Schreber". Fotos: Karsten Peterlein
Um darauf aufmerksam zu machen und für Vogelschutz zu werben, aber auch, um Interessantes über die heimischen Vögel zu erzählen und sie gemeinsam zu beobachten, hatte der NABU Leipzig zur Stunde der Gartenvögel wieder zu Exkursionen eingeladen. Die erste fand am Samstag, 12. Mai, in der Kleingartenanlage „Dr. Schreber“ statt. Hier zählten 15 Vogelfreunde, darunter 5 Kinder, 34 Vögel aus 22 Arten. Besonders schön war der Girlitz zu hören und zu sehen, als er hoch oben in einer Baumkrone sang. Ganz ähnlich war es bei der Amsel, die in der Spitze eines Nadelbaumes ihr Lied flötete. Eifrig flogen Stare und Meisen umher, um ihre Jungen in den Nisthöhlen mit Futter zu versorgen. Auch Haussperlinge und Mauersegler konnten an den Gebäuden im Umfeld der Kleingartenanlage bei der Fütterung ihrer Jungen beobachtet werden, ein guter Anlass, um die Exkursionsteilnehmer über den Schutz gebäudebewohnender Vogelarten zu informieren. Jeder ist aufgerufen, sich daran zu beteiligen: Nistplätze von Haussperling und Mauersegler kann man dem NABU Leipzig oder der Naturschutzbehörde melden, damit sie nicht Sanierungsarbeiten zum Opfer fallen. Ebenso wichtig ist es, über Bauarbeiten zu informieren, wenn sie Nistplätze in der Nachbarschaft bedrohen.
Auch der Schutz von Insekten als Nahrungsgrundlage der Vögel ist ein wichtiges Anliegen des NABU, weshalb die kleine Exkursion auch an der Schmetterlingswiese vorbeiführte, die der NABU Leipzig in der Kleingartenanlage im Rahmen des Projekts „Puppenstuben gesucht“ gemeinsam mit dem Deutschen Kleingärtnermuseum angelegt hat.
Obwohl es keine typischen Gartenvögel sind, konnten die Vogelfreunde auch einen Graureiher und eine Sturmmöwe beobachten sowie einen Turmfalken. Ein typischer Gartenvogel ist hingegen der Gartenrotschwanz. Er saß sehr schön im Sonnenlicht auf einem Obstbaum und sang sein charakteristisches Lied.
Nach dem Rundgang gab es noch Gespräche über Vogelschutz im Garten.
Durch den Verlust von Sträuchern und Brachflächen haben es die Vögel in Leipzig zunehmend schwer. Ihnen fehlen Nistplätze und Nahrungsmöglichkeiten. Um darauf aufmerksam zu machen, hatte der NABU am Sonntag, 13. Mai, zu einer weiteren Exkursion in der Innenstadt eingeladen. Treffpunkt war der Augustusplatz, der Weg führte durch den Schillerpark und über den Wilhelm-Leuschner-Platz, dessen interessante Flora und Fauna von der geplanten Bebauung akut bedroht ist. Diese Stunde der Gartenvögel fand leider ohne Gäste statt, die am Sonntagmorgen offenbar andere Pläne hatten. Stattdessen drehten drei NABU-Mitstreiter allein eine Runde und zählten die beobachteten Vögel.
Besonders lautstark war ein Gelbspötter zu hören, der im Baum sitzend auch gut zu beobachten war. Kurios war die Beobachtung eines Gartenbaumläufers, der an der Mauer eines alten Gebäudes auf Insektenjagd war, obwohl er normalerweise dieser Betätigung an Baumstämmen nachgeht. Sehr spannend war die Beobachtung von laut zeternden Grasmücken, die offenbar einen Revierkampf austrugen. Auf den Rasenflächen im Schillerpark konnte man eine junge Amsel beobachten, die hartnäckig ihren Vater verfolgte, um von ihm gefüttert zu werden. Leider beendete der Angriff eines freilaufenden Hundes das familiäre Beisammensein: Der Amselvater flüchtete mit lauten Alarmrufen, das Jungtier durchschaute die Gefahr nicht, blieb aber unversehrt.
Die Exkursion führte auch an einer Stelle vorbei, an der ein Grünspecht den Boden nach Ameisen durchsucht hatte, der Vogel selbst war aber nicht zu entdecken. Auch die Nachtigall, die auf dem Leuschnerplatz noch(!) ein Zuhause hat, machte sich rar. Mit viel Geduld konnte man aber doch ihren Gesang mehrfach hören. Dabei konnte man den Vogel sogar auf einem Reisighaufen sitzen sehen.
Insgesamt wurden bei der Stunde der Gartenvögel in der Leipziger Innenstadt 46 Vögel aus 17 Arten erfasst.