Der Zwergstichling (Pungitius pungitius)

Auwaldtier des Jahres 2011

Ein winziger Fisch, der Zwergstichling (Pungitius pungitius), wurde 2011 zum Auwaldtier gekürt. Anliegen dieser Wahl und des gesamten Auwaldtages ist es, den Bürgern Leipzigs den wertvollen Auwald nahezubringen und die Gefahren aufzuzeigen, die diesem bedeutendem Ökosystem und seinen Tieren und Pflanzen drohen.

Der Zwergstichling (Pungitius pungitius). Foto: Werner Fiedler


Ein scheuer Einzelgänger

Der schlanke, maximal sieben Zentimeter große Zwergstichling ist silbergrau, auf dem Rücken leicht bräunlich, und häufig hat er an den Flanken unregelmäßig verteilte dunkle Flecken oder Querbinden. Sieben bis zehn Stacheln stehen vor der weit nach hinten gesetzten Rückenflosse, die paarigen Bauchflossen sind ebenfalls Stacheln, bei Erregung oder Gefahr werden sie wehrhaft gespreizt. Außerhalb der Brutsaison lebt der Zwergstichling vorwiegend einzelgängerisch und ist auffallend scheu. Zur Laichzeit, die von Mai bis August dauert, verändert das Männchen seine Farben; es wird schwarz und schimmert metallisch. Sein Nest aus verrotteten oder weichen Pflanzenteilen hängt es im Pflanzengewirr über dem Boden auf und treibt das Weibchen dann hindurch. Das Weibchen streift dabei die Eier ab und verlässt danach das Nestrevier. Der Brutpflege widmet sich allein das Männchen.


Zuhause in Klein- und Kleinstgewässern

Der Zwergstichling, der ein Alter von drei Jahren erreichen kann, lebt meist in kleinen Binnengewässern, wo er sich von Hüpferlingen, Springschwänzen, kleinen Insekten, Mückenlarven, Wasserflöhen und Bodenwürmern ernährt. Er kommt vor allem in solchen Gräben und Tümpeln vor, die Anschluss an Weiher, Teiche, Lehm- und Kiesgruben oder zu trägen Flachlandflüssen haben. In diese zieht er sich bei Austrocknung seines Biotops zurück. Bevorzugt werden in jedem Fall flache, stark bewachsene Bereiche. Der für Kleinstgewässer typischen stark schwankenden Wasserqualität gegenüber ist diese Stichlingsart recht unempfindlich. In den nur sieben bis zehn Zentimeter tiefen Gewässern ist der Zwergstichling oft der einzige Fisch.


Der seltene Winzling ist stark gefährdet

Im Leipziger Auensystem war der Zwergstichling einst einer der verbreitetsten Kleinfische. Jetzt ist er hier und in ganz Sachsen, wo er nur im Norden vorkommt, sehr selten geworden und „stark gefährdet“. Ursache dafür ist der zunehmende Mangel an kleinsten Gewässern. Gräben werden beseitigt und Senken aufgefüllt, auch im Leipziger Land. Die letzten uns bekannten fünf Vorkommen des Zwergstichlings in und um Leipzig befinden sich weit voneinander entfernt, sodass auch hier – wie anderswo – der notwendige Genaustausch fehlt und die Gefahr des Zusammenbruchs der Populationen, das heißt des Aussterbens, besteht. Darüber hinaus wird das Vorkommen des Zwergstichlings im Ruderalgelände des Lindenauer Hafens Opfer der Hafenverbindung zum Karl-Heine-Kanal werden. Im Gebiet der Papitzer Lachen – einem der Vorkommen im Naturschutzgebiet (NSG) „Luppeaue“ – fand man ihn bis 1983 und dann wieder ab 2005. In der Zwischenzeit war er hier wegen Austrocknung der Gewässer verschwunden. Jetzt sind die infolge der Elsterwassereinleitung aus der Elster wieder vom Zwergstichling besiedelten Lehmlachen erneut in großer Gefahr, weil das Landratsamt Nordsachsen auf ihrer jährlichen Trockenlegung besteht.


Möglichkeiten des Schutzes

Wege zum Schutz des kleinen Fisches sind durchaus vorhanden. Zum Beispiel würde eine Vernetzung seiner Standorte im großen NSG „Luppeaue“ durch Gräben bewirken, dass sich hier im Sommer die Brut in andere Biotope verteilt. Auch die Wiederbelebung alter Luppeläufe, wie sie von der Landestalsperrenverwaltung geplant ist, würde nicht nur dem seltenen Zwergstichling, der zu seinem Überleben nur ein paar Gräben braucht, nützen, sondern dem gesamten Ökosystem des NSG „Luppeaue“ und darüber hinaus auch dem Hochwasserschutz. Deshalb wird sich der NABU-Regionalverband Leipzig auch in Zukunft für die Lebensräume des Zwergstichlings stark machen.



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