Der Bitterling (Rhodeus sericeus amarus)

Leipziger Auwaldtier des Jahres 2006

Foto: NABU/Rolf Jürgens
Foto: NABU/Rolf Jürgens

Der Bitterling (Rhodeus sericeus amarus) gehört zu den Knochenfischen und darunter zählt er zu der Gruppe der Karpfenfische, von denen es weltweit 1600Arten gibt. Er wird fünf bis neun Zentimeter lang (Kleinfisch), lebt in flachen, stehenden und langsam fließenden Gewässern mit schlammigem oder sandigem Untergrund, vor allem in Altwässern der Flussauen. Er ist gesellig (Schwarmfisch) und widerstandsfähig. Das Männchen ist blassrötlich, aber zur Laichzeit (April-Juni) ist er blau-grün-rot gefärbt. Mit seinem schillernden Hochzeitskleid ist er einer der farbenprächtigsten Kleinfische. Die Weibchen bilden zur Laichzeit eine lange Legeröhre aus und führen damit den Laich in die Kiemenhöhle lebender Teich- oder Malermuscheln der Gattungen Unio und Anodonta ein. Dort wird er vom Männchen, das sein Sperma über die Einströmöffnung der Muschel ausstößt, befruchtet. Zwischen den Muschelschalen entwickeln sich Laich und Larven weitgehend von Feinden abgeschirmt. Durch die starke Filtrationsleistung der Muscheln werden die Eier sehr gut mit Sauerstoff versorgt. Das Männchen bewacht die Muscheln, sodass die Brut geschützt heranwächst, bis sie schwimmen kann. Ein Weibchen legt bis zu 100 Eier in mehrere Muscheln- ein einzigartiges Fortpflanzungsverhalten.
Der Bitterling hat keine unmittelbare fischereiliche Bedeutung. Die Bitterlinge, die im Zoohandel angeboten werden, sind oft Importe aus Osteuropa und Asien, von nahverwandten Arten und Unterarten. Diese sind farblich attraktiver und werden daher von Aquarianern und Gartenteichbesitzern gekauft. Das bringt die Gefahr der genetischen Entfremdung durch Aussetzung, Vermischung oder Verdrängung mit bodenständigen Bitterlingen.


Gefährdung und Schutz

In Sachsen galt der Bitterling 1996 als vom Aussterben bedroht. Er wurde als allochthone Art eingeschätzt. Diese Arten sind nicht bodenständig, sondern wurden eingebürgert, wahrscheinlich wegen Arealerweiterungen durch den Menschen. Deshalb haben allochthone Arten in der Regel keinen Schutzstatus in der Roten Liste. Aber durch einen besseren Kenntnisstand über die Vorkommen wird der Bitterling nicht mehr als allochthon gekennzeichnet. Seither ist er ein Fisch, der vom Aussterben bedroht und besonders geschützt ist. Auf der Roten Liste Deutschland nach BLESS von 1998 ist der Bitterling stark gefährdet.




Vorkommen im Leipziger Auwald

Zur Zeit der Völkerschlacht war die Aue noch an vielen Stellen undurchdringlich. Zunehmende Besiedlung der Auenbereiche, verbunden mit Holzfällungen und Lehmabbau für die Ziegeleiproduktion lichteten den urwaldähnlichen Bestand. Flächendeckende Lehmabbaugebiete, welche jetzt als Feuchtgebiete ein Eldorado für Klein- bzw. Wildfische darstellen, wurden gewonnen. Um jenen Siedlungsflächen, die eigentlich der periodischen Vernässung ausgesetzt waren, Sicherheit zu bieten, entstand 1920 bis 1925 auf den ehemals starkvernässten Frankfurter Wiesen das Elsterbecken. Aber durch Elster- und Pleißeverlegung, flächendeckenden Wasserentzug, Phenol- und Schadstoffeinleitung durch die hier ansässige chemische Industrie, Grundwasserabsenkung und flächenhaften Tagebau wurden neu gewonnene Habitate schnell wieder beeinträchtigt.
Durch den Bau der neuen Luppe in den 30er Jahren, die einen Teil des Elsterwassers und fast das gesamte Hochwasser des Flusses aufnehmen kann, sind zahllose kleine Wasserläufe, Altarme und Tümpel der ehemals sehr gewässerreichen Elster- und Pleißeaue verrohrt, entwässert oder verfüllt worden. Damit wurden die für die Entwicklung der Brut so wichtigen flachen und strömungsarmen Gewässerabschnitte vernichtet. Die Hochwässer konnten infolge der Eindeichung der Flüsse ihre wichtige Funktion, durch zeitweilige Flutung der Aue, Verbindung mit zahlreichen sonst isolierten Gewässern herzustellen, nicht mehr erfüllen.
Vernässungsprojekte, wie die Neueröffnung des Burgauenbachs oder die Paußnitzflutung, können die Lebensbedingungen für die Geschädigten Fischarten wieder verbessern. Dadurch können Verbindungsflutungen zwischen Altwässern, Teichen und Weihern wieder ermöglicht werden.
Außerdem hat sich sachsenweit seit ca. 1992 die Wasserbeschaffenheit der Fließgewässer, durch Produktionseinstellung zahlreicher Betriebe oder zunehmender Abwasserbehandlung spürbar verbessert. Dadurch kann sich der Bitterling, der als Bioindikator für einen verbesserten Gewässerzustand und gute Wasserqualität gilt, vermutlich wieder in unseren Gewässern ansiedeln.
Der Bitterling war zweifellos in den Leipziger Auwaldgewässern weit verbreitet. In den letzten 30 Jahren waren die für den Bitterling notwendigen Flussmuscheln durch schlechten Fließ- und Standgewässerzustand stark gefährdet, sodass der Bitterling zwischenzeitlich nicht mehr festgestellt werden konnte. Der heutige Bestand ist wahrscheinlich auch auf das Einsetzen von laichtragenden Muscheln in die Gewässer zurückzuführen. So konnte beispielsweise 1994 die Anwesenheit des Bitterlings in den Papitzer Lachen wieder festgestellt werden.
Durch den langen trockenen Sommer 2003 wurden die Bestände des Bitterlings stark beeinträchtigt. Es wird vermutet, dass der Mink (amerikanischer Nerz) die Muscheln, welche der Bitterling zur Fortpflanzung benötigt, als Nahrungsquelle entdeckte.

Der Bitterling war auch Deutschlands Fisch des Jahres 2008.