Die Wasserfledermaus (Myotis daubentoni)

Leipziger Auwaldtier des Jahres 2004

Wenn man in einer Sommernacht von der Jahnallee in die Jacobstraße einbiegt, sieht man mitunter aus der Wölbleitung des Elstermühlgrabens dunkle Schatten herausflattern. Das sind Wasserfledermäuse, die unter der Jahnallee ihre Wochenstube eingerichtet haben. Jedes Jahr ziehen zwischen 40 bis 60 Weibchen hier ihre Jungen auf (in der Regel ein Junges pro Weibchen). Wie der Name bereits andeutet, siedelt diese Art gern in Gewässernähe. Das Quartier unter der stark befahrenen Jahnallee ist bemerkenswert, weil die Wasserfledermaus eigentlich zu den wald- und parkbewohnenden Arten gehört.


Sommerquartier in Baumhöhlen des Auwaldes

Im Raum Leipzig besiedelt die Wasserfledermaus bevorzugt den Auwald mit seinen höhlenreichen Baumbeständen und Altgewässern. Deshalb wurde die Wasserfledermaus zum Auwaldtier des Jahre 2004 gewählt. Nachweise gibt es vorwiegend über den Gewässern der Elster- und Partheaue, außerhalb dieser Auenlandschaften nur sehr selten in größeren Grünanlagen mit Stillgewässern, zum Beispiel auf dem Südfriedhof. Im Sommer bezieht sie Quartiere in den Höhlen alter Bäume, vor allem in Eichen, Buchen und Weiden. Gelegentlich wird sie auch auf Dachböden in waldnahen Ortschaften angetroffen.

 


Geheimnisse der Fledermauskästen

Um die Artenvielfalt zu erfassen, wurden vor einigen Jahren durch Mitarbeiter des Umweltamtes und des Naturkundemuseums an verschiedenen Stellen des Auwaldes Fledermaus Kästen angebracht. In diesen Kästen werden regelmäßig Einzeltiere und kleine Männchengruppen der Wasserfledermaus aufgefunden, wobei sich hier die Möglichkeit ergibt, die Tiere genauer zu untersuchen.
Mit einer Kopf-Rumpf-Länge von 45 bis 55 Millimetern und einer Flügelspannweite von 240 bis 275 Millimetern gehört diese Art zu den kleinen bis mittelgroßen Fledermäusen. Sie besitzen vergleichsweise große Füße und Borsten, einen relativ kurzen Schwanz und kleine Ohren. Ihr Fell ist oberseits braungrau, auf der Unterseite silbergrau. Ohren und Flughäute sind dunkelgraubraun.
Die Ohren sind ein äußerst wichtiges Orientierungsorgan aller Fledermäuse. Sie em-
pfangen damit das Echo ihrer durch Mund oder Nase ausgestoßenen Ultraschallrufe. Auf diese Weise können sie zum Beispiel Größe und Bewegungsrichtung eines Beutetieres sowie Hindernisse aller Art orten.


Jagd in der Dämmerung

Mit etwas Glück kann man die Wasserfledermaus bereits in der Dämmerung bei der Insektenjagd über den Paußnitzlachen, dem Rosentalteich, den Papitzer Lachen oder dem Teich im Abtnaundorfer Park beobachten. In schnellem, wendigen Flug greift sie mit ihren zum Käscher geformten Flughäuten oder direkt mit ihrem Maul die Beutetiere, die unmittelbar über der Wasseroberfläche fliegen und verzehrt sie noch im Flug, in dem sie sie mit ihren kleinen nadelspitzen Zähnen zerknackt.
Ihr Nahrungsspektrum umfasst neben Mücken (etwa 4000 pro Nacht) und Schnaken auch kleine Nachtfalter. Obwohl besonders gut an die Jagd über den Gewässern angepasst, kann diese Fledermaus ihre Nahrung auch in Wäldern suchen.

 

Winterschlaf im sächsischen Hügel- und Bergland

Im Herbst verlassen die Wasserfledermäuse den Auwald und fliegen in ihre Winterquartiere im sächsischen Berg- und Hügelland. In Kellern, Bunkern, Stollen, alten Brunnenanlagen oder Höhlen halten die Tiere, die sich vorher einen Energievorrat an Fett angefressen haben, in Spalten verkrochen oder auch freihängend ihren Winterschlaf. Sie bevorzugen Temperaturen von drei bis sechs Grad und eine hohe Luftfeuchtigkeit. Wasserfledermäuse schlafen aber nicht den ganzen Winter durch; hin und wieder wachen sie auf, weil sie „mal müssen“, um den Hangplatz oder das Quartier zu wechseln oder auch um sich zu paaren.


Foto: NABU/E. Menz
Foto: NABU/E. Menz

Wasserfledermaus in Gefahr

2001 beschlossen die Mitgliedsländer des Abkommens zur Erhaltung der Fledermäuse in Europa (EUROBATS), die Bevölkerung über die in ihren Ländern vorkommenden Fledermäuse, deren Gefährdung und notwendige Schutzmaßnahmen zu informieren. Dazu dient neben der Erarbeitung von Informationsmaterial auch die Aktion „Fledermaus komm ins Haus“ mit der insbesondere Hausbesitzern einfache Möglichkeiten zum Schutz vorhandener bzw. zur Errichtung neuer Fledermausquartiere in und an Gebäuden aufgezeigt werden.
Um das Engagement der Bürger zu würdigen und es beispielgebend in der Öffentlichkeit sichtbar zu machen, verleiht die Sächsische Landesstiftung Natur und Umwelt als Auszeichnung eine Plakette, die an entsprechenden Gebäuden angebracht werden kann. Weitere Informationen

Auch die Wasserfledermaus gehört nach der Bundesartenschutzverordnung wie alle einheimischen Fledermäuse zu den streng geschützten Arten. Rückgänge der Population sind zum Beispiel auf Habitatsveränderungen, die Beseitigung von Feuchtgebieten, Nahrungsmangel, Störungen während des Winterschlafs, Zerstörung von Winterquartieren, Fehlen von Baumhöhlen sowie anderen geeigneten Sommerquartieren zurückzuführen. Für den Schutz dieser Fledermausart erweisen sich der Erhalt bestehender und die Gestaltung neuer Quartiere sowie der Biotopschutz als besonders wichtig. Der Leipziger Auwald mit seinen höhlenreichen Altbaumbeständen und naturnahen Gewässern besitzt als Lebensraum der Wasserfledermaus überregionale Bedeutung.

 

Verbreitung der Wasserfledermaus

Im Stadtgebiet Leipzigs wurden bisher 13 Fledermausarten nachgewiesen. Ihren Lebensraum im Auwald teilt sich die Wasserfledermaus unter anderem mit der Fransenfledermaus (Myotis nattereri), dem Großen Abendsegler (Nyctalus noctula), der Rauhautfledermaus (Pipistrellus nathusii) und dem Braunen Langohr (Plecotus auritus).
Mit Ausnahme Nordskandinaviens und Südosteuropas ist die Wasserfledermaus in ganz Europa – jeweils an Gewässer gebunden – verbreitet.

 

Text: Stadt Leipzig, Amt für Umweltschutz