Zustand und Zukunft des Waldes

Exkursion von NABU Leipzig und Sachsenforst

Foto: Bruno/Pixabay

Vor Jahren war das Thema „Waldsterben“ hoch aktuell. „Saurer Regen“ und Monokulturen waren große Probleme. Nun wird erneut über ein Waldsterben diskutiert – heute ist es die Klimakrise, die den Wäldern zusetzt. Infolge des Klimawandels leiden die Wälder unter heftigen Stürmen, neuartigen Baumkrankheiten und Schädlingen, vor allem aber unter Dürre und Hitze der vergangenen Jahre – teils auch verbunden mit Waldbränden. Auch 2020 bringt nicht genug Regen, um den Zustand zu verbessern. Rund um Leipzig kommen teilweise weitere menschgemachte Probleme hinzu: Flächenfraß und Versiegelung durch Verkehrs- und Siedlungsprojekte, naturferne, eingedeichte Fließgewässer, die Folgen des Braunkohletagebaus und eine hohe Nutzung durch Freizeitaktivitäten. Es gibt aber zugleich auch verschiedene Naturschutzgebiete.

 

Wie geht es dem Wald in der Region Leipzig angesichts dieser Herausforderungen? Wie reagiert die Forstwirtschaft auf die aktuelle Situation, und wie wird der Wald in Zukunft aussehen? Der NABU Leipzig wollte solche Fragen gemeinsam mit dem Staatsbetrieb Sachsenforst erörtern und hatte dazu Andreas Padberg, den Leiter des Forstbezirks Leipzig, zu einer Veranstaltung am 2. September 2020 eingeladen. Der Rundgang durch den Wald zusammen mit Revierleiter Christoph Seifert startete am Bahnhof Oberholz und führte rund zwei Stunden durch das Waldgebiet Oberholz.

 

Veranstaltungsplakat     Pressemitteilung

 

Informativer Waldspaziergang

Am Bahnhof Oberholz begrüßte zunächst René Sievert vom NABU Leipzig die rund 20 Teilnehmer, die sich aufgrund der Coronaschutzvorschriften in Listen eintragen mussten. Außerdem wurden alle ermahnt, sich an die Abstandsregeln zu halten. Ursprünglich war die Veranstaltung in der traditionsreichen Reihe „Der Natur zuliebe“ als Vortragsabend im Naturkundemuseum Leipzig geplant. Aufgrund der Coronasituation fand sie stattdessen als Exkursion statt – um sich mit der Situation des Waldes anschaulich zu beschäftigen, war das sogar die bessere Alternative, bekundete auch Forstbezirksleiter Andreas Padberg, der zum Auftakt für jeden Teilnehmer einen mehrseitigen informativen Exkursionsführer verteilte, der speziell für diesen Rundgang erstellt worden ist.

 

An markanten Punkten im Wald gab es Informationen zu unterschiedlichen Themenfeldern. Foto: NABU Leipzig
An markanten Punkten im Wald gab es Informationen zu unterschiedlichen Themenfeldern. Foto: NABU Leipzig

Der Weg führte zu mehreren markanten Punkten im Wald, an denen jeweils ein Problemfeld dargestellt werden konnte. Dabei stellte Andreas Padberg das Konzept der „multifunktionalen Waldbewirtschaftung“ vor. Sie will gleichermaßen die Waldnutzung, Naturschutz und die Erholungsfunktion des Waldes berücksichtigen. Gerade die Freizeitnutzung ist im Oberholz ein wichtiges Thema, denn es dient der Bevölkerung der Region als Ausflugsgebiet, damit verbunden sind leider auch Vandalismus und die Beschädigung von Natur- und Kulturschutzgütern. Mit Konzepten zur Besucherinformation und -lenkung versuchen die Förster gegenzusteuern.

 

Ein weiteres ungewöhnlich umfangreiches Thema im Oberholz sind invasive Neophyten. Revierleiter Seifert informierte darüber, wie man versucht, sie zu bekämpfen, wobei systematisch verschiedene Methoden getestet wurden. An einer weiteren Stelle wurde besprochen, wie die Förster versuchen die Lebensraumfunktion des Waldes zu fördern, beispielsweise durch Biotopbäume und durch einen hohen Totholzanteil auf den Waldflächen. Revierförster Seifert berichtete aber auch, dass einige Waldbesucher ihn immer wieder auffordern, Totholz und Wildwuchs zu beseitigen, weil der Wald so „unordentlich“ aussehe.

 

Informationen zur systematischen Bekämpfung invasiver Pflanzenarten im "Neophyten-Hotspot" Oberholz. Foto: NABU Leipzig
Informationen zur systematischen Bekämpfung invasiver Pflanzenarten im "Neophyten-Hotspot" Oberholz. Foto: NABU Leipzig

Debatten werden aber mit entgegengesetztem Vorzeichen geführt: Die Förster sehen sich dem Vorwurf ausgesetzt, zu viele Bäume zu fällen. Forstbezirksleiter Padberg verteidigte bei der NABU-Veranstaltung den Ansatz des ökologisch orientierten Waldumbaus. Es gehe darum, standorttypische, naturnahe Baumbestände herzustellen, wohingegen die bestehenden Wälder diesen Standortbedingungen oftmals nicht gerecht werden. Dabei verwies Andreas Padberg auf das „eiserne Gesetz der Örtlichkeit“, nach dem sich die Forstbewirtschaftung richtet. Das bedeutet, der Standort mit seinen lokalen Boden- und Klimabedingungen bestimmt die Baumartenzusammensetzung und die Art der Waldbewirtschaftung. Konzepte aus anderen Regionen und zu anderen Waldtypen ließen sich demnach nicht unbedingt übertragen. So verfolge man im Oberholz beispielsweise das Ziel, den Baumbestand aufzulichten, um eine standorttypische Naturverjüngung zu ermöglichen, die unter dem dichten Kronendach des bestehenden Nutzwaldes kaum erfolgen kann.

 

Wie sieht der Wald der Zukunft aus?

Thematisch dominiert wurde der Rundgang von den Folgen des Klimawandels. Trockenheit ist für den Wald gegenwärtig zu einem Hauptproblem geworden, wie auch der damit in Zusammenhang stehende Befall mit Schädlingen oder Baumkrankheiten, auch Sturmschäden nehmen zu. Revierförster Seifert zeigte zwei Kahlflächen, die durch Stürme entstanden sind. Auf der kleineren versuchen die Förster die Naturverjüngung zu fördern, sie haben nur einige wenige Bäume zusätzlich nachgepflanzt, die mit den offenen und trockenen Standortbedingungen besonders gut klarkommen. Eine andere, wesentlich größere Kahlfläche wurde hingegen vollständig mit Eichen aufgeforstet. Die Fläche bildet im Moment keinen ästhetisch schönen Anblick. Die dort einstmals wachsenden Fichten sind vollständig verschwunden. Sie sollten eigentlich über mehrere Jahre gefällt und durch stadtorttypische Laubbäume ersetzt werden, doch Sturmfolgen sorgten dafür, dass sie alle zeitgleich entnommen wurden. Auf der großen Kahlfläche sollen nun die konkurrenzschwachen Eichen wachsen, die auf das Licht angewiesen sind. Später werden sich hier weitere Laubbäume von selbst ansiedeln. Das ist eine Variante, die getestet wird, um klimaangepasste Wälder entstehen zu lassen. Forstbezirksleiter Padberg berichtete, dass das Oberholz dabei noch vergleichsweise gut dasteht, andere Gebiete seinen aufgrund der Trockenheit bedeutend mehr geschädigt, beispielsweise der Colditzer oder der Wermsdorfer Wald.

 

Diese große, infolge eines Sturms entstandene Kahlfläche, wurde mit Stieleichen aufgeforstet.
Diese große, infolge eines Sturms entstandene Kahlfläche, wurde mit Stieleichen aufgeforstet.
Auf einer kleineren, ebenfalls durch Sturm entstandenen Kahlfläche, versuchen die Förster, die Naturverjüngung zu fördern. Fotos: NABU Leipzig
Auf einer kleineren, ebenfalls durch Sturm entstandenen Kahlfläche, versuchen die Förster, die Naturverjüngung zu fördern. Fotos: NABU Leipzig

Rund 20 Naturfreunde nahmen an der Exkursion teil, viele bedankten sich für die fachkundigen Informationen der Förster, viele hatten aber auch kritische Fragen zur Art der Waldbewirtschaftung und wünschten sich weniger Baumfällungen. Die Vertreter von Sachsenforst verwiesen jedoch immer wieder auf die Datenlage: Es würden verglichen mit früheren Jahren weniger Bäume entnommen, die Waldfläche wachse, ebenso der Totholzanteil, die Baumartenzusammensetzung wird mehr und mehr an die Standortbedingungen angepasst, wodurch artenreiche Mischwälder entstehen. Deutlich wurde aber auch, dass unterschiedliche Ansätze getestet werden müssen, weil heute noch niemand voraussagen kann, welche Methode und Maßnahme sich nach Jahrzehnten tatsächlich auszahlen wird.

 

Der NABU Leipzig bedankt sich für die sehr informative Exkursion und für die sachliche Diskussion von Fragen des Natur- und Klimaschutzes im Wald! Der Rundgang endete stimmungsvoll bei Sonnenuntergang. In der zunehmenden Dunkelheit erlebten dann alle noch das Abenteuer, sich wieder zum Bahnhof Oberholz zurückfinden zu müssen.

 

Die Exkursion endete stimmungsvoll am Waldrand bei Sonnenuntergang. Foto: NABU Leipzig
Die Exkursion endete stimmungsvoll am Waldrand bei Sonnenuntergang. Foto: NABU Leipzig