Vogelzählung trotz Corona

Stunde der Wintervögel 2021

 

Noch bis zum 18. Januar 2021 kann man seine Beobachtungen an den NABU melden

 

Jedes Jahr im Januar ruft der NABU zur großen winterlichen Vogelzählung auf. Bei dieser „Stunde der Wintervögel“ kann jeder mitmachen, der sich eine Stunde Zeit nimmt. Man beobachtet die Tiere in der unmittelbaren Umgebung, notiert die Anzahl und die Vogelarten und meldet alles dem NABU. Dabei kann man Preise gewinnen, lernt etwas über die heimische Vogelwelt und hilft beim Vogelschutz; denn die zahlreichen Daten aus ganz Deutschland liefern wertvolle Informationen über die Bestandsent­wicklung bei Vogelarten im Siedlungsraum. Gerade diese Arten sind mehr und mehr bedroht – in Leipzig besipielsweise durch rücksichtslose Bauprojekte und den fortschreitenden Verlust der Stadtnatur.

 

2021 findet die Stunde der Wintervögel vom 8. bis zum 10. Januar statt.  Aufgrund der Corona-Pandemie kann der NABU Leipzig zu diesem Anlass leider keine Termine für eine gemeinsame Vogelbeobachtung anbieten, aber alle sind dennoch zum Mitmachen herzlich eingeladen! Die Vogelzählung ist eine hervorragende Möglichkeit, frische Luft zu schnappen, etwas über die heimische Vogelwelt zu lernen und bei ihrem Schutz zu helfen. Außerdem werden Mitglieder des NABU Leipzig unterwegs sein, um an den ursprünglich geplanten Veranstaltungsorten die Vögel cornoakonform zu erfassen. Über die aktuellen Zählergebnisse wird der NABU Leipzig am Aktionswochen­ende wieder online informieren. 

Blaumeisen im Fokus

Im vergangenen Frühjahr hatten nicht  nur die Menschen in Deutschland unter einem Virus zu leiden – auch unter Blaumeisen war eine Epidemie ausgebrochen. In weiten Teilen Deutschlands sind ihr tausende Meisen zum Opfer gefallen. Verursacht wurde die folgenschwere Lungenentzündung durch das bakterium Suttonella ornithocola, das erst seit kurzem bekannt ist und das nun erstmals in Deutschland auftrat. Für Vögel aus der Familie der Meisen ist es offenbar tödlich, für andere Tiere und den Menschen soweit man weiß ungefährlich.

 

Um herauszufinden, welche Folgen die Epidemie für die Meisenpopulation hatte, sind die Zahlen der Stunde der Wintervögel von Interesse. Zuvor hatte bereits im Mai die Stunde der Gartenvögel einen signifikanten Rückgang der Zahlen bei den Blaumeisen um ca. 22 Prozent ergeben.

 

Von besonderem Interesse sind in diesem Winter auch die Kandidaten für den Vogel des Jahres. Für den ersten Wahlgang hatte der NABU Leipzig zehn Arten nominiert, von denen es vier in die Endrunde geschafft haben: Amsel, Blaumeise, Rauchschwalbe und Haussperling. Während sich die Rauchschwalbe als Zugvogel jetzt in ihrem Winterquartier aufhält, kann man die anderen drei Arten auch im Winter beobachten. Unter den insgesamt zehn Arten, die es in die Endrunde der Wahl geschafft haben, sind außerdem noch Stadttaube und Rotkehlchen, die man ebenfalls im Winter beobachten kann.

 

Gänse und Gänsesäger

Fliegende Graugänse. Diese Art lag Freitagabend in Nordsachsen überraschend auf Platz 1 der Zählliste. Foto: NABU/Olaf Titko
Fliegende Graugänse. Diese Art lag Freitagabend in Nordsachsen überraschend auf Platz 1 der Zählliste. Foto: NABU/Olaf Titko

Bis zum Freitagabend hatten sich bundesweit bereits mehr als 13.000 Menschen an der Stunde der Wintervögel beteiligt, sie meldeten fast 370.000 Vögel. Das ist für den ersten Aktionstag ein neuer Teilnehmerrekord! Zugleich ist es aber auch die geringste Anzahl Vögel, die je Beobachtungspunkt gemeldet wurde. Experten gehen davon aus, dass hierfür das vergleichsweise milde Winterwetter in Europa verantwortlich ist. Es führt erfahrungsgemäß dazu, dass weniger Wintergäste bei uns zu beobachten sind und sich zugleich auch weniger Vögel in den Siedlungen und an Futterstellen aufhalten.

 

Erwartungsgemäß sind tatsächlich weniger Meisen zu beobachten, was eine Ursache auch im „Blaumeisen­sterben“ haben kann. Dennoch zählen Kohl- und Blaumeise mit den Plätzen 2 und 4 wieder zu den am häufigsten beobachteten Arten. Zudem liegen bundesweit Haussperling auf Platz 1, Feldsperling auf Platz 3 und die Amsel auf Platz 5 der Beobachtungsliste.

 

In Leipzig und Umgebung weichen die Arten in der Spitzengruppe oft etwas ab von diesem Bundestrend. So überwintern in Leipzig große Schwärme von Saat- und Rabenkrähen. Dementsprechend liegen diese beiden Arten im Stadtgebiet hinter Haussperling und Kohlmeise auf den Plätzen 3 und 4, gefolgt von Feldsperling und Amsel. Wichtig ist, dass Beobachter Feld- und Haussperling ebenso wie Saat- und Rabenkrähe korrekt unterscheiden – es lohnt sich deshalb, genauer hinzusehen, denn man kann diese Arten leicht verwechseln. Ähnliches gilt auch für die Nebelkrähe, die im Kreis Nordsachsen Freitagabend auf Platz 8 gemeldet wurde, wohingegen Saatkrähe, Dohle und Rabenkrähe erst auf den Plätzen 17, 18 und 19 folgen.

 

 

Im Leipziger Umland liegen ebenfalls Haus- und Feldsperling, Kohl- und Blaumeise sowie Amsel auf den vorderen Plätzen. Kurios ist als Momentaufnahme allerdings Platz 1 auf der Beobachtungsliste im Kreis Nordsachsen: Hier war am Freitagabend die Graugans verzeichnet. Diese Vögel sind in der kalten Jahreszeit bei uns in großen Schwärmen zu beobachten, insofern kann eine einzige Beobachtung ausreichen, sie auf Platz 1 zu katapultieren, solange zum Beginn der Zählaktion noch nicht so viele andere Vögel gemeldet wurden. Es ist anzunehmen, dass sich das noch ändern wird.

 

NABU-Zählung im Agrapark

Seit rund einem Jahr gehören zum Arbeitsgebiet des NABU Leipzig auch Rackwitz, Schkeuditz, Markranstädt und Markkleeberg. Deshalb war vorgesehen, dass der NABU zur Stunde der Wintervögel auch in einem dieser Orte zur gemeinsamen Vogelzählung einlädt. Aufgrund der Corona-Maßnahmen ist dies 2021 nicht möglich, am geplanten Veranstaltungsort im Agrapark fand jedoch coronakonform dennoch am Freitag eine Stunde der Wintervögel statt. Hier wurden  81 Vögel aus 14 Arten gezählt, darunter 30 Ringeltauben, die hier eine Schlafgemeinschaft bilden.

 

Zu den Wintervögeln im Agrapark gehören auch Rotkehlchen, Amsel, Kernbeißer und Kleiber. Fotos: Beatrice Jeschke

 

Außerdem wurde ein Eichelhäher gesichtet, der standesgemäß mit dem Umhertragen und Fressen von Eicheln beschäftigt war, was ihm allerdings auch eine Rabenkrähe gleichtat. Beim Fressen wurde auch ein Kleiber beobachtet. Er ist etwa meisengroß, erinnert aber an einen kleinen Specht, weshalb er auch Spechtmeise genannt wird. Wirkliche Spechte konnte man auch sehen: Ein Grünspecht hackte ein Loch in die Wiese, in das er dann tief den Kopf hineinsteckte, um mit seiner bis zu 10 cm langen Zunge Ameisen aus dem Boden zu holen. Der Nahrungsspezialist, der sich fast ausschließlich von Ameisen ernährt, gehört zu den gesetzlich streng geschützten Arten, was aber leider nicht verhindert, dass er mehr und mehr seine Lebensräume verliert: Für rücksichtslose Bauprojekte werden alte Bäume gefällt und Wiesen zubetoniert. Zum Vergleich mit dem Grünspecht konnte man auch schön einen Buntspecht beobachten.

 

Auf dem Teich im Agrapark wurden vier männliche und ein weiblicher Gänsesäger beobachtet. Foto: Beatrice Jeschke
Auf dem Teich im Agrapark wurden vier männliche und ein weiblicher Gänsesäger beobachtet. Foto: Beatrice Jeschke

Auf dem Parkteich wurden 16 Stockenten gezählt, die man auf einem solchen Gewässer durchaus erwartet. Überraschender war, dass dort auch eine Gruppe von Gänsesägern zu beobachten war. Immer wieder steckten sie beim Schwimmen ihre Köpfe unter Wasser, um nach Beute Ausschau zu halten. Haben sie etwas erspäht, tauchen sie blitzschnell ab. Bei diesen größte Vertretern der Gattung der Säger sind die Männchen kontrastreich gefärbt: Das Brust- und Bauchgefieder ist strahlend weiß, Kopf, Hals und Rücken sind schwarz, der Kopf glänzt in der Sonne metallisch grün. Das Weibchen hat einen rotbraunen Kopf und Hals und eine charakteristisch abstehende Kopfhaube. Ober- und Unterseite des Körpers sind grau, die Brust ist weiß. Beide Geschlechter haben schmale rote Schnäbel mit Haken und Sägezähnen. Gänsesäger brauchen fischreiche Gewässer und ausreichend Höhlenbäume, in denen sie ihre Bruthöhle anlegen können. Ihre Brutgebiete liegen unter anderem in Skandinavien, im Baltikum und Russland; in Deutschland sieht man sie meist als Wintergäste – so wie auch diese Gruppe in Markkleeberg –, es gibt aber auch Brutgebiete in Norddeutschland und im Alpenvorland.

 

Viel Schnee, wenig Vögel

Stunde der Wintervögel im verschneiten Eutritzscher Park. Fotos: Beatrice Jeschke

 

Am zweiten Tag des Aktionswochenendes gab es neue Rekorde. Es gab noch nie so viele Teilnehmer zu diesem Zeitpunkt. Aufgrund dessen wurde auch bereits die Marke von einer Million gezählter Vögel überschritten. Die Zahl der Vögel je Beobachtungspunkt bleibt jedoch auch am Samstagabend unterdurchschnittlich. Das bedeutet, dass weniger Wintervögel in unseren Siedlungen zu beobachten sind. Insbesondere die Zahl der Meisen ist gering. Ursache kann das milde Winterwetter sein, aber auch das „Blaumeisensterben“ kann sich bemerkbar machen. Anrufer beim NABU Leipzig berichten ebenfalls, dass sie ihre Meisen vor dem Fenster vermissen. Mehrere Meldungen landeten am Samstag auf dem Anrufbeantworter. Am Vormittag konnte der NABU Leipzig die Stunde der Wintervögel in einem Interview bei MDR KULTUR vorstellen.

 

Bei der Stunde der Wintervögel landet der Haussperling zwar regelmäßig auf Platz 1, das liegt aber auch daran, dass man ihn meist in größeren Gruppen beobachten kann, was zu einer hohen Anzahl auf der Zählliste führt. Wirft man hingegen einen Blick auf die Häufigkeit der Arten, liegen Kohlmeise (links) und Amsel (rechts) vorn. Sie sind zwar oft nur einzeln oder in kleinen Gruppen zu sehen, werden aber an 88 Prozent der Beobachtungsstellen gesichtet, der Hausperling nur an 60 Prozent. Fotos: NABU/Claus König, NABU/Otto Reinhard

 

Samstagabend hatten deutschlandweit mehr als 51.000 Menschen rund 1,3 Millionen Vögel gezählt. Am häufigsten wurde zum wiederholten Male der Hausperling gemeldet, der damit deutlich vor der Kohlmeise auf Platz 2 rangiert. Die Kohlmeise wurde jedoch an rund 88 Prozent aller Zählpunkte beobachtet, der Haussperling hingegen nur an 60 Prozent. Tatsächlich beobachtet man Haussperlinge nicht überall, sondern nur an geeigneten Stellen, und man sieht sie dann als größere Gruppe; demgegenüber ist die Kohlmeise fast überall zu finden, aber sie ist nur in kleinen Gruppen oder sogar einzeln unterwegs. Auch deshalb rangiert der Haussperling alljährlich vor der Kohlmeise, die aber in unseren Siedlungen ein weit verbreiteter Vogel ist – ähnlich wie die Amsel, die ebenfalls an 88 Prozent der Beobachtungsstellen gesehen wurde. Bis Samstagabend wurden rund 15 Prozent weniger Kohlmeisen beobachtet als im Vorjahr, demgegenüber wurden Haussperlinge etwas häufiger gesichtet als 2020. Feldsperling, Blaumeise, Amsel und Elster folgen deutschlandweit auf den Plätzen 3 bis 6.

 

Saatkrähen sind Wintergäste in Leipzig, die einst riesigen Schwärme werden aber von Jahr zu Jahr kleiner. Samstagabend lag die Saatkrähe bei der Stunde der Wintervögel in Leipzig auf Platz 7. Foto: Beatrice Jeschke
Saatkrähen sind Wintergäste in Leipzig, die einst riesigen Schwärme werden aber von Jahr zu Jahr kleiner. Samstagabend lag die Saatkrähe bei der Stunde der Wintervögel in Leipzig auf Platz 7. Foto: Beatrice Jeschke

In Leipzig lag Samstagabend ebenfalls der Haussperling auf Platz 1 der Beobachtungen, gefolgt von der Kohlmeise, die aber verglichen mit dem Vorjahr auf den Zähllisten ein Minus von 18 Prozent verzeichnet, die Blaumeise auf Platz 6 sogar von 25 Prozent. Auf Platz 3 hat sich in Leipzig die Amsel vorgearbeitet, die am Vorabend noch Platz 6 belegte. Auf Platz 4 macht sich weiterhin die Leipziger Besonderheit der überwinternden Krähen bemerkbar: Hier ist die Rabenkrähe zu finden, die Saatkrähe ist auf Platz 7 abgerutscht. Auf den Plätzen 5 und 6 reihen sich Feldsperling und Blaumeise ein, liegen in Leipzig also weiter hinten als im Bundesdurchschnitt. Im Leipziger Umland entspricht die Spitzengrzuppe hingegen dem deutschlandweiten Ergebnis Haussperling vor Kohlmeise, Feldsperling und Blaumeise.

 

Mit dem NABU im Park

Winter am Eutritzscher Parkteich. Foto: Beatrice Jeschke
Winter am Eutritzscher Parkteich. Foto: Beatrice Jeschke

So winterlich wie am Sonnabend war es zur Stunde der Wintervögel in Leipzig selten. Dicker Schnee bot die passende Kulisse für die Zählaktion. Jedes Jahr beobachtete Ingrid Bässler die Vogelwelt im Eutritzscher Park, in Erinnerung an die Ende November unerwartet verstorbene Naturfreundin sollte hier nun eine Stunde der Wintervögel des NABU Leipzig stattfinden. Aufgrund der Corona-Schutzmaßnahmen war eine öffentliche Veranstaltung leider nicht möglich, weshalb NABU-Mitglieder die Zählung ohne Publikum vornahmen, wobei sie von einem Reporter der Leipziger Volkszeitung begleitet wurden. Kurz zuvor hatte der NABU Leipzig am Vormittag auch Gelegenheit, die Stunde der Wintervögel im Interview bei MDR KULTUR vorzustellen.

 

Im Park waren Bäume, Sträucher und Rasenflächen verschneit, viele Menschen nutzten das seltene Winterwetter, um mit ihren Kindern Schlitten zu fahren, einen Schneemann zu bauen oder im Park spazieren zu gehen. Wegen des Schnees hatten sich viele Vögel ohnehin an geschützte Stellen zurückgezogen, die vielen Menschen sorgten ebenfalls dafür, das sich nur wenige Tiere sehen ließen.

 

Wohlbekannt ist die Stockente (rechts) - insgesamt 28 wurden im Eutritzscher Park gezählt. Recht bekannt sind auch die schwarz-weißen Blässrallen, weniger bekannt hingegen die verwandte Teichralle (links). Foto: Beatrice Jeschke
Wohlbekannt ist die Stockente (rechts) - insgesamt 28 wurden im Eutritzscher Park gezählt. Recht bekannt sind auch die schwarz-weißen Blässrallen, weniger bekannt hingegen die verwandte Teichralle (links). Foto: Beatrice Jeschke

Unübersehbar waren hingegen die Wasservögel auf dem Teich und am Ufer: 28 Stockenten, 9 Blässrallen und 5 Teichrallen konnten die NABU-Mitglieder zählen, am Ufer liefen außerdem etliche Ratten zwischen den Vögeln herum, in der Brutsaison sind sie für die Vogelnester eine ernste Gefahr. Gefördert werden die Ratten auch durch die Fütterung der Wasservögel. Auch an diesem Tag konnte man leider Eltern mit Kindern dabei beobachten. Das Füttern von Wasservögeln ist jedoch unnötig und für die Tiere ungesund. Die Wildtiere weichen bei Nahrungsmangel aus und suchen eisfreie Gewässer auf. Die Fütterung führt dazu, dass die Tiere dieses natürliche Verhalten verlernen, außerdem führt die Fehlernährung zu Mangelerscheinungen bei den Tieren und zu einer Verschmutzung der Gewässer. In Leipzig ist deshalb die Vogelfütterung an Stillgewässern im Stadtgebiet seit 2010 verboten. Für ein solches Fütterungsverbot hatte sich zuvor auch der NABU Leipzig engagiert, denn die negativen Folgen der Vogelfütterung waren an verschiedenen Gewässern deutlich zu beobachten. Der NABU bittet alle Naturfreunde, das Verbot zu beachten und auch Mitbürger über die Hintergründe aufzuklären. 

 

Vom Teich führte der Weg zu den Randbereichen des Parks. Hier saßen, teilweise aber unsichtbar, einige Vögel in den dichten Sträuchern, was auch zeigt, wie wichtig es ist, solche Gehöze nicht bei verfehlter Parkpflege immer wieder zu beseitigen. Gerade auf Grünflächen mit starker Nutzung sind Rückzugsräume wie Hecken und Sträucher für die Tierwelt essenziell. Damit sie hier auch im Winter Nahrung finden, sind beerentragende Sträucher wertvoll, außerdem muss die Laubschicht unter den Sträuchern erhalten bleiben, stattdessen wird sie vielerorts radikal beseitigt, obwohl das Laub vielen Kleinstlebewesen ein Winterquartier und damit den Vögeln Nahrung bietet. In den Sträuchern konnten vor allem Gruppen von Haussperlingen beobachtet werden, aber auch einige Meisen: Kohlmeisen turnten in den Zweigen herum, eine Blaumeise inspizierte schon einen der Nistkästen, die der NABU Leipzig im Park betreut.

 

Ökologisch besonders wertvoll sind in einem Park auch alte Bäume. Das bewiesen unter anderem Buntspechte, die man bei der Vogelzählung beobachten oder hören konnte, allerdings nie mehr als einen, weshalb auch nur einer auf der Zählliste notiert wurde. Auch ein Kleiber war an den Bäumen unterwegs auf Nahrungssuche. Er demonstrierte seine für die heimische Vogelwelt einzigartige Fähigkeit, nämlich mit dem Kopf nach unten den Stamm hinabzulaufen. Nebenan waren zwei Gartenbaumläufer zu beobachten. Auch sie laufen am Stamm und an den Ästen entlang, um in grober Borke und kleinen

Wasservögel bitte nicht füttern

Um die Menschen besser über das Fütterungsproblem zu informieren, hat der NABU Leipzig einen Flyer verfasst, der auch zum Download bereitsteht.


Baumritzen Nahrung zu finden. Dabei können sie aber anders als der Kleiber nicht kopfüber abwärts laufen, sondern immer nur von unten nach oben.

 

Gartenbaumläufer. Foto: Beatrice Jeschke
Gartenbaumläufer. Foto: Beatrice Jeschke

Eine kleine Überraschung bot sich in einem angrenzenden Vorgarten mit Futterhäuschen und Sträuchern, wo 5 Türkentauben zu entdecken waren. Diese Taubenart wird im Stadtgebiet vergleichsweise selten beobachtet, da sie eher in ländlicheren Siedlungsbereichen zuhause ist. Je mehr solche Siedlungsflächen in Leipzig einer dichteren Bebauung weichen, desto mehr wird auch diese Taubenart wieder aus unserer Stadt verdrängt. Die Türkentaube hat ein helles Federkleid und am Hals einen schmalen dunklen Ring. Sie ist kleiner als die Ringeltaube, die man häufiger beobachten kann. Bei der Runde im Eutritzscher Park war es hingegen nicht so – eine einzige Ringeltauben war kurz zu sehen, als sie den Park überflog. Insgesamt wurden hier bei der Stunde der Wintervögel 66 Vögel aus 13 Vogelarten erfasst.
 

Türkentauben. Foto: Beatrice Jeschke
Türkentauben. Foto: Beatrice Jeschke

 

Rekordbeteiligung bei der Vogelzählung

Das Zählwochenende ist am Sonntag mit neuen Rekorden zuende gegangen: Bereits zu diesem Zeitpunkt hatten sich 144.000 Menschen beteiligt – und damit bereits mehr als in den bisherigen Zähljahren; Vögel wurden von mehr als 100.000 Beobachtungsorten gemeldet – auch das ist ein neuer Rekord. Insgesamt wurden bis Sonntagabend mehr als 3,5 Millionen Vögel gezählt. Pro Beobachtungsort erreicht die zahl der beobachteten Vögel allerdings fast einen neuen Minusrekord. Offenbar snd viele Vögel angesichts des relativ milden Wetters nicht in den Siedlungen zu beobachten.

Rätselraten um den Feldsperling: Er wird im Mai häufiger gesichtet als in den Vorjahren, im Winter hingegen seltener. Foto: Bärbel Franzke
Rätselraten um den Feldsperling: Er wird im Mai häufiger gesichtet als in den Vorjahren, im Winter hingegen seltener. Foto: Bärbel Franzke

Trotz der insgesamt geringen Vogelzahl, gibt es bei einigen Arten eine Zunahme der gemeldeten Beobachtungen, beispielsweise bei der Ringeltaube, womit sich ein jahrelanger Trend fortsetzt. Hingegen wurden verglichen mit dem Vorjahr weniger Meisen gemeldet. Rätsel gibt der Feldsperling auf: Er verzeichnet bei der Stunde der Gartenvögel im Mai einen positiven Trend, bei der Stunde der Wintervögel aber einen negativen. Im ländlich geprägten Leipziger Umland bestätigt sich das hingegen nicht: Hier wurden bei der Stunde der Wintervögel mehr Feldsperlinge gemeldet als im Vorjahr, während es im Stadtgebiet ebenfalls weniger waren.

 

Deutschlandweit hat sich die gewohnte Spitzengruppe gehalten: Haussperling, Kohlmeise, Feldsperling, Blaumeise und Amsel belegen die vorderen Plätze. Im ländlicher geprägten Leipziger Umland hat der Feldsperling bessere Lebensbedingungen und liegt deshalb weiter vorn als in der Stadt Leipzig oder im Bundesdurchschnitt; hier lautet die Reihenfolge Haussperling, Feldsperling, Kohlmeise, Blaumeise. Als Kuriosum (siehe Freitag) hält sich nach wie vor im Landkreis Nordsachsen die Graugans auf dem ungewöhnlichen Platz 5. Die vordere Platzierung basiert vermutlich auf der Einzelbeobachtung eines großen Schwarms.

 

Wird auch in Leipzig immer häufiger beobachtet: die Ringeltaube. Foto: Néo Koslowski
Wird auch in Leipzig immer häufiger beobachtet: die Ringeltaube. Foto: Néo Koslowski

Im Stadtgebiet von Leipzig spielen weiterhin die hier überwinternden Krähen auf den Zähllisten eine bedeutende Rolle mit der Rabenkrähe auf Platz 3 hinter Haussperling und Kohlmeise und mit der Saatkrähe auf Platz 8. Beide Krähenarten wurden aber seltener gemeldet als im Vorjahr, bundesweit belegen sie die Plätze 10 und 19. Feldsperling und Blaumeise landen im Stadtgebiet vergleichsweise weit hinten auf den Plätze 5 und 6. Beim Feldsperling wurden 14, bei der Blaumeise 19 Prozent weniger Tiere gemeldet als im Vorjahr. Demgegenüber wurden mehr Amseln und mehr Ringeltauben gezählt.

 

Bei allen Daten und Interpretationen handelt es sich noch um Momentaufnahmen. Noch bis zum 18. Januar 2021 kann man seine Beobachtungen an den NABU melden, danach werden die Zahlen ausgewertet und erst dann liegen die endgültigen Daten vor.

 

Vogelvielfalt auf dem Friedhof

Habicht auf dem Friedhof Sellerhausen. Foto: Karsten Peterlein
Habicht auf dem Friedhof Sellerhausen. Foto: Karsten Peterlein

Angesichts der Corona-Schutzmaßnahmen konnte der NABU Leipzig in diesem Jahr leider nicht zur gemeinsamen Vogelzählung einladen. Stattdessen wurden die Vögel coronakonform von NABU-Mitgliedern an den ursprünglich geplanten Veranstaltungsorte gezählt. Eine Stunde der Wintervögel mit dem NABU Leipzig findet oft in einem Park statt, aber auch die Friedhöfe sind wertvolle Lebensräume. Tiere finden an diesen Orten der Stille Rückzugsmöglichkeiten und Nahrung. Am Sonntag wurden daher die Vögel auf dem Friedhof Sellerhausen gezählt. Es wurden 56 Vögel aus 18 verschiedenen Vogelarten erfasst.

 

Friedhöfe leisten einen wichtigen Beitrag zur städischen Biodiversität. In Parkanlagen gibt es häufig Störungen, größere Brachen werden mehr und mehr bebaut, somit steigt die bedeutung der Friedhöfe sogar noch. Selbst einem Habicht bieten sie teilweise Nist- und Jagdmöglichkeiten. Es ist schön, dass auch bei der Stunde der Wintervögel ein Habicht beobachtet werden konnte. Obwohl sich die Meisen in  diesem Jahr rar machen, wurden auf dem Friedhof Sellerhausen 10 Kohl- und 6 Blaumeisen gezählt.

 

Stunde der Wintervögel auf dem Friedhof Sellerhausen: Blau- (links) und Kohlmeise (rechts) am verschneiten Futterhäuschen. Fotos: Karsten Peterlein

 

Spannend war es auch, die unterschiedlichen Finken zu beobachten, wie auf dem Friedhof unterwegs waren, teilweise saßen sie nebeneinander, sodass man ihre Merkmale gut vergleichen konnnte. Besonders erfreulich ist die Beobachtung von zwei Grünfinken. Deren Bestand nimmt seit vielen Jahren ab, was sich auch bei den Zählungen zur Stunde der Wintervögel zeigt. Deutschlnadweit verzeichnete der NABU am Sonntagabend bei dieser Art ein Minus von 22 Prozent verglichen mit dem Vorjahr, in Leipzig ware die Zahlen hingegen unverändert, hier rangiert der Grünfink auf Platz 15 der Zählliste. Als eine Ursache für das „Finkensterben“ gilt die Infektion mit dem einzelligen Parasiten Trichomonas gallinae, aber auch der Verlust seines Lebensraums macht sich negativ bemerkbar. Anders ergeht es dem verwandten Buchfink, der weit verbreitet ist und dessen Bestand als ungefährdet gilt. Sieben dieser Vögel konnte der NABU auf dem Friedhof erfassen.

 

Finken auf dem Friedhof Sellerhausen: Kernbeißer, Stieglitz und Grünfink (v.l.n.r.) gehören dazu. Fotos: Karsten Peterlein

 

Unverkennbar in der heimischen Vogelwelt ist der Kernbeißer mit seinem kräftigen Schnabel. Der große Fink ist damit in der Lage, sogar Kirschkerne zu knacken. Ebenfalls unverkennbar sind die vergleichsweise bunten Stieglitze – zwei konnten auf dem Friedhof beobachtet werden. Dieser Fink war 2016 Vogel des Jahres. Er ist Vegetarier und im Winter darauf angewiesen, genug samentragende Stauden vorzufinden. Voraussetzung ist, dass sie nicht radikal abgemäht werden, was leider weit verbreitet ist, wodurch auch andere Tiere, wie Insekten, Nahrung und Lebensraum verlieren.

 

Vogelwelt auf dem Friedhof Sellerhausen. Fotos: Karsten Peterlein

 

Wintervögel im naturnahen Garten

Strukturreiche Gärten sind ein Beitrag zum Erhalt der Biodiversität und helfen Tieren, den Winter zu überstehen. Fotos: Sabrina Rötsch

 

Eine weitere Vogelzählung des NABU Leipzig fand am Sonntag in „Freizeit- und Erholungsgärten“ im Leipziger Süden statt. Diese Art von Gärten sind keine typischen Kleingärten, denn hier gibt es keine Vorschriften zur Höhe von Hecken oder der Größe und Art von Bäumen. Damit ergeben sich insbesondere für eine naturnahe Pflege von Gärten vielseitige Möglichkeiten für die Pächter fernab von Rasen und Zierstaudenrabatten. Umso mehr sind solche Gärten ein beitrag zur Förderung der Biodiversität und ein wertvoller Lebensraum für Vögel. Auch im Winter können sie hier Unterschlupf und Nahrung finden.

 

Die geselligen Haussperlinge finden Unterschlupf in den Brombeeren und im Liguster. Fotos: Sabrina Rötsch

 

Eine Trinkhilfe wird im naturnahen Garten von verschiedenen Tieren gerne angenommen. Auch im Winter sollte man Vögeln Trinkmöglichkeiten anbieten. Foto: Sabrina Rötsch
Eine Trinkhilfe wird im naturnahen Garten von verschiedenen Tieren gerne angenommen. Auch im Winter sollte man Vögeln Trinkmöglichkeiten anbieten. Foto: Sabrina Rötsch

Ein kleiner Trupp von mindestens 12 Haussperlingen konnte beobachtet werden. Sie suchten in den dichten Strukturen des Ligusters und der Brombeere Schutz, wo sie ihr geselliges Sozialverhalten ausleben können. Da die Ligusterhecke nicht in Form geschnitten werden muss, bleiben die Triebspitzen erhalten und damit können sich Blüten und auch Beeren ausbilden, welche vielen Vögeln im Winter Nahrung bieten. Auch 4 Kohlmeisen konnten beobachtet werden, diese suchten in alten Obstbäumen unter der Rinde und in kleinen Spalten nach überwinternden Insekten als Nahrung, doch auch Beeren werden im Winter gern von Kohlmeisen verzehrt. Dies zeigt einmal mehr die hohe Bedeutung von strukturreichen und naturnah belassenen Gärten. Auch das Belassen vertrockneter Stängel über den Winter sorgt für einen frostfreien geschützten Platz für überwinternde Insekten, die Samen werden ebenfalls von vielen Vögeln verzehrt. Eine naturnahe Gestaltung und behutsame Pflege des Gartens erspart den Kauf von Vogelfutter und hilft gleichzeitig auch anderen Tierarten wie z.B. Insekten. Es wurden außerdem 3 Amseln gesichtet, ein kleiner Schwarm von 13 Stadttauben, 3 Rabenkrähen, 2 Ringeltauben, 3 Elstern und ein Rotmilan.

Beerentragende Sträucher bieten Vögeln im Winter Nahrung und Unterschlupf. Stauden, die nicht vor dem Winter abgemäht werden, sind Überwinterungsort von Insekten, und ihre Samen natürliches Vogelfutter in der kalten Jahreszeit. Fotos: Sabrina Rötsch

 

Bei den eigenen Zählungen zur Stunde der Wintervögel konnte der NABU Leipzig in diesem Jahr 244 Vögel aus 26 Arten erfassen. Aufgrund der Corona-Maßnahmen mussten diese Zählungen leider ohne Publikum stattfinden, der NABU konnte keine gemeinsamen Exkursionen organisieren, um die Aktion und die heimischen Vogelwelt vorzustellen. Dennoch haben sich viele Leipzigerinnen und Leipziger an der Stunde der Wintervögel beteiligt - eine sinnvolle Beschäftigung an der frischen Luft und ein Beitrag zum Vogelschutz. Der NABU Leipzig bedankt sich bei allen, die mitgemacht haben!

 

Die nächste deutschlandweite Vogelzählung des NABU ist die Stunde der Gartenvögel vom 13. bis 16. Mai 2021. Dann sind erneut alle zum Mitmachen aufgerufen. Falls es die Corona-Situation erlaubt, wird der NABU Leipzig auch wieder Exkursionen anbieten.